Kultur wieder live erleben

Noch weiß niemand, wie die Saison 2020/2021 wirklich aussehen wird. Doch wenn der Städtische Musikverein Lippstadt sein Programm Corona zum Trotz wie geplant umsetzen kann, darf sich das Publikum auf eine ganze Reihe hochkarätiger Konzerte und Gastkünstler freuen. Erste Einblicke gibt der Städtische Musikdirektor Burkhard A. Schmitt.

Von Andreas Balzer

Lippstadt – Die Höhepunkte jeder Musikvereinssaison sind natürlich die eigenen Chor- und Orchesterkonzerte. In der Regel sind das zwei pro Konzertjahr. Doch diesmal kommt der Konzertchor Lippstadt – so die Pandemie es zulässt – sogar viermal zum Einsatz.

Los geht es mit dem großen Festkonzert, mit dem der Musikverein am Samstag, 29. August, in Kooperation mit der KWL das frisch sanierte Stadttheater eröffnen will. Mit dem Pianisten Matthias Kirschnereit und der Sopranistin Manuela Uhl hat der Musikverein zwei renommierte Gäste verpflichtet. Und auch der vereinseigene Chor darf natürlich nicht fehlen. Mit der Nordwestdeutschen Philharmonie Herford intonieren die Sängerinnen und Sänger des Musikvereins Ludwig van Beethovens „Chorfantasie“.

Ob das Konzert stattfinden kann, ist allerdings aufgrund der aktuellen Beschränkungen noch offen. Burkhard A. Schmitt hatte die Chancen vergangene Woche „bei fifty-fifty“ gesehen.

Einen sehr viel größeren Auftritt hat der Konzertchor Lippstadt dann am Sonntag, 8. November, wenn im Stadttheater „A Sea Symphony“ von Ralph Vaughan Williams erklingt. Um das ebenso umfangreiche wie anspruchsvolles Werk zu stemmen, holen sich sie heimischen Sänger Unterstützung bei Chören aus Hamm, Siegen, Wirges und Gloucester.

„Das ist ein ganz großartiges Chorwerk dieses englischen Komponisten, das wir in vier Konzerten machen wollen, drei in Deutschland und eins in Gloucester – natürlich alles unter dem Vorbehalt Corona“, sagt Dirigent Burkhard A. Schmitt. „Das ist wirklich ein absoluter Höhepunkt der Saison.“ Mit dabei ist wieder Manuela Uhl, die sich die Solistenparts mit dem Bariton Andrew Finden teilt. Den Orchesterpart übernimmt diesmal die Philharmonie Südwestfalen.

Von Johannes Brahms bis Karl Jenkins

Wenn alles gut geht, ist die Sopranistin Manuela Uhl in der kommenden Saison gleich dreimal im Lippstädter Stadttheater zu hören. Foto: kazimitowicz

Ein weiteres bedeutendes Werk steht am Samstag, 27. Februar 2021, auf dem Programm, wenn der Konzertchor Lippstadt unter Schmitts Leitung „Ein deutsches Requiem“ von Johannes Brahms intoniert. Wieder unterstützt von den Kollegen aus Hamm, Siegen und Wirges. Auch diesmal ist Sopranistin Manuela Uhl dabei. Den Baritonpart übernimmt Jean Christophe Fillol, als Orchester ist die Neue Philharmonie Westfalen mit an Bord.

Das wuchtige Werk hatte der Musikverein bereits 2012 aufgeführt. Es sei „in der großen Zahl von Requiem-Vertonungen eines der ergreifendsten, erschütterndsten, von einer Wirkung, der sich kein Hörer entziehen kann“, schrieb Patriot-Kritiker Alfred Kornemann damals in seiner Rezension. „Einer der Gründe dafür ist sicherlich, dass es so nahe bei dem Hörer ist, ihn begleitet durch die Erfahrung von tiefer Trostlosigkeit, Resignation hin zu einem getrösteten Aufgerichtetsein, von flehentlicher Bitte zu fugengefestigter Danksagung.“

Und wenn alles läuft wie vorgesehen, wird der Konzertchor Lippstadt in der nächsten Saison noch ein viertes Mal im Stadttheater zu hören sein. Nämlich um die coronabedingt ausgefallene Neuaufführung von Karl Jenkins’ „The Armed Man: A Mass for Peace“ nachzuholen. Er habe bereits mit KWL-Geschäftsführerin Carmen Harms abgestimmt, „dass wir ‚The Armed Man‘ in 2021 aufführen wollen, voraussichtlich auch wieder unter dem gemeinsamen Dach von Musikverein und KWL“, sagt Burkhard Schmitt. „Und zwar im Rahmen der 50-jährigen Städtepartnerschaft von Lippstadt und Uden. Da haben wir noch keinen Termin, und das ist auch gut so. Da sind wir nicht im Druck und können die Entwicklung der nächsten Monate in Ruhe abwarten, was Corona betrifft.“

Sehr freut sich der musikalische Leiter des Musikvereins aber auch auf die eingekauften Konzerte. Zum Beispiel auf die „Himmlische Weihnacht“, mit der das Folkwang Kammerorchester Essen und der Geiger Moritz Ter-Nedden am Freitag, 11. Dezember, im Stadttheater aufs Fest einstimmen. Das Kammerorchester sei in den letzten beiden Spielzeiten bei seinen Konzerten in der Marienschule „wirklich gefeiert“ worden, sagt Schmitt, der für das Weihnachtskonzert „auch einige Überraschungsmomente“ verspricht, bei denen Dirigent Johannes Klumpp auch das Publikum einbinden werde.

Dritte Klaviernacht in der Jakobikirche

Die polnische Pianistin Aleksandra Mikulska ist bei der dritten Klaviernacht in der Jakobikirche wieder dabei.
Foto: Hoffmann

„Besonders hochkarätig ist auch wieder die dritte Klaviernacht in der Jakobikirche besetzt“, sagt der Städtische Musikdirektor. Aleksandra Mikulska und Vadim Chaimovich waren schon 2019 beim Tastenmarathon mit dabei. Dritter im Bunde ist diesmal Dinis Schemann. „Mein persönlicher Wunsch ist, dass diese Klaviernacht eine Institution werden soll“, sagt Schmitt. „Drei Pianisten zu erleben, die in ihrer eigenen Persönlichkeit diese Werke interpretieren, ist immer wieder ein Erlebnis.“

Auch auf das Notos Quartett freut sich Schmitt sehr. Das Kammerensemble interpretiert am Sonntag, 27. September, in der Jakobikirche Werke von Gustav Mahler, Wolfgang Amadeus Mozart und Johannes Brahms. „Das ist im Moment das am höchsten preisdotierte deutsche Streichquartett überhaupt. Es ist ein Geschenk, dass dieses Quartett im Rahmen der Kammerkonzertreihe nach Lippstadt kommt.“ Wobei Schmitt mit Blick auf den Termin gleich hinzufügt: „Das ist früh, ich weiß. Man weiß nicht, ob das klappt.“

Mit einem englischen Programm kommt die Neue Philharmonie Westfalen am Freitag, 26. März, nach Lippstadt. „Dabei wird auch noch mal Ralph Vaughan William die Ehre erwiesen“, sagt Schmitt. Das im Ruhrgebiet ansässige Landesorchester hat nämlich die 2. Sinfonie („A London Symphony“) des Briten im Gepäck. Der Höhepunkt sei allerdings „das selten gespielte wunderschöne Konzert für Violoncello und Orchester e-Moll op. 85 von Edward Elgar“. Eingeleitet wird der Abend eher unbritisch, aber, wie Schmitt betont, musikalisch durchaus passend mit Gaetano Donizettis Ouvertüre zu seiner Oper „Roberto Devereux“.

Eine ganz andere Zielgruppe spricht ein Konzert an, auf das sich der Städtische Musikdirektor ebenfalls sehr freut. Nach längerer Pause ist die Neue Philharmonie Westfalen wieder mit dem Kinderkonzert „Peter und der Wolf“ von Sergei Prokofjew zu Gast. Und da ist die Bude immer rappelvoll, wie der Städtische Musikdirektor aus Erfahrung weiß. Geplant ist das Konzert für den 4. Mai. „Da können wir wirklich realistisch hoffen, dass es stattfindet. Und da freue ich mich jetzt schon drauf, dass das Theater voll sein wird und Kinder Kultur wieder live erleben können.“