„Das ist eine Mammutaufgabe“

Auf den Schreck muss man sich erst mal setzen: Der Städtische Musikverein Lippstadt bekommt künftig 11 500 Euro weniger als bisher. Foto: Tuschen

Interview

Der Musikverein muss mit deutlich weniger Geld auskommen. Was bedeutet das?

 

29.12.2022; Der Patriot

Das Gespräch führte Andreas Balzer.

Lippstadt – Zum Jahreswechsel muss der Städtische Musikverein Lippstadt eine bittere Pille schlucken. Der Rat hat den Zuschuss der Stadt Lippstadt für die Konzertsaison 2023/2024 auf 120 000 Euro gekürzt. 11 500 Euro weniger als bisher und sogar 30 000 Euro weniger als beantragt. Was das für den Musikverein und das Konzertprogramm bedeutet, erklärt der Vorsitzende Dr. Peter Knop im Interview.

Der Musikverein hat im Rat reichlich Federn gelassen. Sie wollten ab der kommenden Saison 18 500 Euro mehr haben, bekommen haben Sie aber 11 500 weniger als im Vorjahr. Woraus hatte sich der von Ihnen angegebene Mehrbedarf ergeben?

Im Grunde sind das die Mehrkosten, die durch die allgemeinen Kostensteigerungen und die Verluste in den vergangenen Jahren auf uns zukommen. Während der Theaterschließung haben sich unsere Zuschauerzahlen halbiert, von über 5000 auf etwa 2600. Das hat uns große Schwierigkeiten gemacht, weil wir entsprechend auch weniger Einnahmen hatten. Dann kam die Pandemie hinzu, und jetzt gibt es noch eine enorme Inflation, die auch zu höheren Gagenforderungen der Künstler und der Orchester führt. Für die wird ja auch alles teurer. Deshalb sind wir auf die 150 000 Euro gekommen. Die Verwaltung hatte als zweite Möglichkeit den alten Betrag von 131 500 Euro genannt, und auch damit wären wir noch einigermaßen zurechtgekommen. Jetzt müssen wir sehen, wie wir das schaffen.

Was bedeutet die deutliche Reduzierung des städtischen Zuschusses für Ihre Planungen und Ihr Programm?

Das bedeutet, dass wir große Schwierigkeiten haben werden, unser Programm – das weit im Voraus geplant ist – zu verwirklichen. Wir müssen unsere Verträge ja sehr frühzeitig abschließen. Wenn wir zu spät an die Orchester und die Solisten herantreten, sind wir erpressbar. Das weiß jeder Kaufmann, dass wir in so einem Fall deutlich mehr finanziellen Aufwand hätten als bisher. Ich hoffe deshalb sehr, dass wir im nächsten Jahr die Zusage bekommen, dass wir unser Budget wieder auf dem alten Stand halten oder sogar noch steigern können.

Was wir verhindern wollen ist, dass wir unser Konzertprogramm reduzieren müssen, und vor allem, dass die Qualität eingeschränkt wird. Denn das ist für mich die wichtigste Legitimation des Musikvereins: den Menschen in Lippstadt eine gute Qualität zu bieten.

Heißt das, dass in der nächsten Saison Konzertausfälle drohen könnten?

Das könnte sein. Wir werden uns aber bemühen, dass das nicht passiert. Das sind wir auch unseren Abonnenten schuldig, die jedes Jahr treu die Karten kaufen. Aber das ist eine Mammutaufgabe für unseren künstlerischen Leiter, Burkhard Schmitt, der das ja alles plant. Wir werden auch versuchen, wie schon in der Vergangenheit von der einen oder anderen Privatperson Zuschüsse zu bekommen, damit wir über die Runden kommen.

Die CDU wirft dem Musikverein immer mal wieder mangelnde Transparenz in der Finanzplanung vor. Müssen Sie da nachbessern?

Das haben wir schon gemacht. Das war aber im Grunde nicht von uns zu verantworten. Wir haben das alles der Verwaltung zugeschickt und die hat das nicht weitergeleitet. Wir haben die Transparenz aber hergestellt und sind dafür von Markus Patzke (CDU-Stadtverbandsvorsitzender; Anm. d. Red.) ausdrücklich gelobt worden. Wir werden das auch in Zukunft so machen und alle Erwartungen erfüllen, die die Politik – die ja für das Geld verantwortlich ist – an uns hat. Und wenn wir da einen Fehler machen, werden wir uns bessern.

Im Kulturausschuss gab es unlängst aber wieder eine entsprechende Äußerung vom CDU-Fraktionschef Peter Cosack.

Ja, das ist für mich auch nicht verständlich. Wir haben mit der CDU-Fraktion ja zusammengesessen und alles offengelegt. Aber jetzt haben wir einen Beschluss des Rates, und werden den auch respektieren. Ich fand die Äußerungen von Markus Patzke und Sabine Pfeffer (SPD, Kulturausschussvorsitzende; Anm. d. Red.), die im Rat ihren Standpunkt dargelegt haben, auch ausgesprochen fair. Sie haben überzeugend dargelegt, dass es sich der Rat mit der Entscheidung nicht leicht gemacht hat. Ich vertraue der Politik, dass sie den Musikverein nicht infrage stellt. Und wir werden konstruktiv dazu beitragen, wenn es darum geht, die Situation neu zu besprechen und auf eine neue Basis zu stellen.

Sie kooperieren seit Jahren bei einzelnen Konzerten mit dem Jazzclub. Der will seine Arbeit jetzt aber deutlich professionalisieren und sich über den reinen Jazz hinaus im Bereich populäre Musik breiter aufstellen. Entsprechend hoch ist der Finanzbedarf. Wächst Ihnen da Konkurrenz heran?

Diese enorme Forderung des Jazzclubs hat uns besonders geschadet. Und uns auch besonders enttäuscht, weil wir in einem sehr offenen Gespräch eine Zusammenarbeit auch für die Zukunft verabredet hatten. Wenn sich die Kulturträger in Lippstadt nicht gegenseitig respektieren und zusammenstehen, wird die Kultur insgesamt Schaden nehmen, da bin ich fest von überzeugt. Wir dürfen uns nicht gegenseitig schaden. Und wir dürfen auch nicht die besondere Stellung des Musikvereins infrage stellen. Wir brauchen ein bestimmtes festes Budget, damit wir auch in Zukunft existieren können.

Im Kulturausschuss haben Sie kürzlich vor einem möglichen Ende des Musikvereins gewarnt. War das nicht etwas apokalyptisch?

Ich bin ja manchmal etwas temperamentvoll. (lacht). Ich fand, wie gesagt, die Äußerungen im Rat in Ordnung und glaube deshalb nicht, dass der Musikverein ans Ende kommt. Wir werden dafür Sorge tragen, dass es nicht soweit kommt.

Dr. Peter Knop, Musikvereinsvorsitzender