LIPPSTADT Eine Sinfonie von Anton Bruckner zu erleben, ist immer ein Ereignis, und das wusste das Publikum dem Lippstädter Musikverein als Veranstalter herzlich zu danken. Gegen alle Anfeindungen, kamen sie nun von Johannes Brahms oder dem Kritiker Hanslick, hat sich der Komponist mit unbeugsamen Schaffensdrang durchgesetzt. So hat er dem Herrgott, dem er sich immer verpflichtet fühlte, wohl widersprechen dürfen, wenn der von ihm, wie er meinte, einmal sagen könnte: „Du Bürscherl. Ich habe dir Talent gegeben zur Erbauung und Veredelung der Menschen, um sie auf erhabene Gedanken zu bringen, und du hast nicht gearbeitet.“ Er hat wahrlich gearbeitet, und so ist bei allen Überarbeitungen das Wunderwerk der 2. Sinfonie c-Moll entstanden, diese Komposition des klanglichen Ausbruchs und der tiefen Reflexion, des hymnischen Humors und der vermeintlichen Naivität etwa im Trio des hinreißenden Scherzos. Da sind die letztlich gliedernden Pausen zwischen den bruchstückhaften Abschnitten, die bei Gelingen die Spannung der gesamten Interpretation ausmachen. Begeisternd, wie Christian Zacharias und die Stuttgarter Philharmoniker diesem Großwerk 2. Sinfonie von Anton Bruckner entsprachen. Man muss dem vielfach preisgekrönten Dirigenten keine Preisrede mehr nachschieben. Er ist ein ungewöhnlicher Zeichner mit Händen, ohne Taktstock, und Körpersprache, kein distanzierter Pultgrübler, vielmehr ein dem Moment verschriebener Musikant. Seine intellektuelle Durchdringung des Großwerkes kann sich nun in einer hochgespannten, in jedem Moment konzentrierten Musizierfreude entladen. Und die überträgt sich auf das Orchester der Stuttgarter Philharmoniker, die voller Farbreichtum, konzentriert, aber nie verspannt, immer dem Dirigenten animiert folgend der dynamischen Breitenskala des Werkes voll gerecht wurde. Die außerordentlich sensibel blasenden Holzbläser seien in einem insgesamt sehr ausgeglichenen Ensemble besonders erwähnt. Am Programmende schien einem „rückhörend“ Wolfgang Amadeus Mozarts wunderschönes Klavierkonzert, das „Krönungskonzert KV 537, ein wenig matt, wenn auch spritzig, klanglich sehr diszipliniert und vom Solisten Christian Zacharias mit Delikatesse und wunderschön nuanciert gespielt. Er ist eben auch ein herausragender Pianist, dem gerade der Mozart-Ton besonders „zu Handen“ ist. Er und die Stuttgarter Philharmoniker haben ebenso überwältigt wie begeistert. Ein großer Abend.
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