Barocke Klangpracht, überwältigend umgesetzt

Musikverein begeistert mit Händels „Dettinger Te Deum“ und Bachs „Magnificat“

Von Marion Heier

LIPPSTADT Sie sind im gleichen Jahr geboren (1685) und beide Meister der barocken Kompositionskunst: Johann Sebastian Bach und Georg Friedrich Händel. Und doch trennen sie Welten. Bach saß als Thomaskantor beruflich fest im Sattel, Händel musste sich als Freischaffender nicht nur um Kunden kümmern, sondern auch ein breit gefächertes Repertoire bedienen.

In welchem Kontrast das musikalische Selbstverständnis aber auch die Werke dieser beiden alten Meister stehen, offenbarte sich den Zuhörern am Sonntagabend beim Chor- und Orchesterkonzert des Städtischen Musikvereins unter der künstlerischen Leitung von Burkhard A. Schmitt in einem ambitionierten Projekt in der Elisabethkirche — und dies mit einer überwältigenden Leistung aller Akteure.

Ausführende sind neben dem Konzertchor Lippstadt auch das Folkwang-Kammerorchester Essen sowie die Solisten Hanna Ramminger (Sopran), Ileana Mateescu (Mezzosopran) Carola Göbel (Alt), Michael Nowak (Tenor) und Jens Hamann (Bass). Am Cembalo: Daniel Tappe.

Triumphale
Wirkung

Auf dem Programm stehen Bachs „Magnificat“, das er 1723 für den Vespergottesdienst an Weihnachten komponiert hatte und Händels „Dettinger Te Deum“, das eigentlich dem Sieg Englands über den Erbfolgekrieg mit den Franzosen 1743 gewidmet war, jedoch angesichts des sich hinziehenden Krieges keine große musikalische Anerkennung entfalten konnte.

Der Kontrast ist gleich gegenwärtig. Das „Te Deum“ erfährt mit jubilierenden Pauken und Trompeten einen gewaltigen Auftakt, der sich in ähnlich wirkungsvoller Weise durch das ganze Stück zieht, denn nahezu jeder Vers dieses pathetisch, in barocker Orchesterpracht angelegten Stückes endet mit einem Akkord, der jedes Mal auch ein Schlussakkord hätte sein könnte.

Das ist durchaus auch eine anstrengende, energetische Leistung, die die Sängerinnen und Sänger da vollbringen und die sie sich — auch sichtbar als hoch engagiertes und hörbar als stimmstarkes Ensemble — immer wieder abfordern. Die Kombination von englischer Sprache und Pathos hinterlässt durchaus eine royale, triumphale Wirkung. Es gelingt den Akteuren meisterlich, dieses Werk in all seiner Strahlkraft und Lebendigkeit umzusetzen.

Es fällt auf, dass der Mezzosopran einige im Werk für Alt vorgesehene Passagen übernimmt, wie etwa beim „Thou sittest at the right hand of God“, einem sinnlichen Andante mit melodiösem Gesangsthema. Dessen warmes Timbre hätte sich mit dem lyrischen und weichen, sanft pointierenden Alt, wie er sich bereits im „Magnificat“ positioniert hatte, womöglich auch gut entfalten können. Durchweg zeigen die Solisten eine schlanke, wohlgefällige Stimmführung.

Wie feierlich erstrahlt das Bach’sche Werk, in dem er seine meisterliche Kunst, Textaussagen mit einem doch recht umfassenden Instrumentarium auszudeuten, demonstriert. Burkhard Schmitt erweist sich als achtsamer Dirigent, der die autarken Stimmführungen der Solisten mit Chor und Orchester geschmeidig zusammenführt. Ohne Frage ist das Orchester in seiner präzisen Ausführung eine professionelle Stütze.

Hervorragender Konzertraum

Daniel Tappe gibt mit seinem Orgelkonzert in F-Dur von Händel ein willkommenes Intermezzo. Mozartesk muten seine wenigen Läufe in sich höchstgradigem Tempo auf dem Cembalo an, die an verspielte Hofmusik erinnern und vom warmen Strich der Streicher umfangen werden, insbesondere beim Andante.

Ein irdisches — oder himmlisches? — Vergnügen bereitete der Musikverein seinem Publikum da. Für jeden was dabei. Noch dazu erwies sich die Elisabethkirche für eine Veranstaltung dieser Größe als ein hervorragender Konzertraum mit einer raumfüllenden, nicht von Hall überladenen Akustik. Und wenn es nach dem Geschmack der Autorin ginge, hätte Händel gewonnen.