Beifallumrauscht

Aufführung von „The Armed Man“ überzeugt mehr als das Werk selbst

Von Alfred Kornemann

LIPPSTADT   Große, spürbare Begeisterung bei allen Ausführenden und am Ende beim Publikum. Burkhard A. Schmitt hatte als musikalischer Leiter ein überaus intensives Musizieren geleistet. Das kam dann auch beim Publikum schon sehr bald entsprechend an. Aber was kam da eigentlich an? „The Armed Man: A Mass for Peace“ ist ein höchst effektvoll gebautes Stück des walisischen Komponisten Karl Jenkins, der momentan mit manchem seiner Werke erstaunliche Anerkennung findet. Dabei enthält seine Messe nicht einen einzigen originären Ansatz, hat selten eine rhythmische Prägnanz, geht dabei – wenn wir auf Kompositionsentwicklung nur der letzten nicht einmal hundert Jahre schauen – selbst noch hinter einem Carl Orff zurück, mäandert im Vierertakt vor sich hin, hat in wenigen Momenten eine leichte Eisler-Einfärbung und einen wenig pfiffigen Schmiss eigentlich nur in den Blechbläsern. Aber sie ist weitgehend so gefällig, dass sie gefällt. Und sie lebt von dem, was man bei der Lippstädter Aufführung so bestechend erleben konnte. Da war mit Burkhard A. Schmitt ein musikalischer Leiter, der mit größter Intensität dem Orchester wie dem Chor einen fesselnden und den jeweiligen Zeitbezug präzise nachvollziehenden Klang abverlangte. Da war der klanglich wie in der Diktion hochkonzentierte, von seinem Tun selbst gepackte Konzertchor Lippstadt, verstärkt durch die Mittelstufen-AG und den Vokalpraktischen Kurs der Marienschule Lippstadt, der dem Gesamtklang eine leicht silbrige Klangkomponente beigab (einstudiert vom Musiklehrer Heiko Held). Zu nennen sind auch unbedingt die Chorsolisten Judith Musga (Sopran), Laetitia Bittner (Alt), Matthias Cano Urbanke (Tenor) und Bastian Oberdick (Bass), die sich der Interpretation mit klanglicher Unaufdringlichkeit einfügten. Und da war der als Muezzin eingesetzte Mohammad Alkaddour von der arabischen Gemeinde Lippstadt, dessen Mitwirken ein erfreuliches Zeichen gegenseitiger religiöser Wertschätzung in Lippstadt war. Bei aller zu Recht beifallumrauschten Aufführung dieses Werkes von Karl Jenkins: Mich überzeugt diese eklektische, oft nur „schöne“ Erinnerung an die Opfer des Kosovokrieges nicht. Von welcher Substanz ist dagegen das „War Requiem“ von Benjamin Britten, das uns der Städtische Musikverein auch schon vorgestellt hat. Ein guter Einfall war es, den Abend mit dem bekannten „Adagio for Strings“ von Samuel Barber einzuleiten. Diese Adagio nämlich schaffte die emotionale und klanglich fesselnde Atmosphäre, die später vom vorlauten Schlagwerk doch arg zertrümmert wurde.