Das ganze Klangspektrum zweier Violinen

The Twiolins setzten in der Jakobikirche auf aktuelle Werke in ungewöhnlicher Besetzung

von Alfred Kornemann

Lippstadt – Es gibt einen alten Musikerwitz: Was ist schlimmer als eine Klarinette? Zwei Klarinetten. Ob man diesen Scherz auf zwei Violinen übertragen kann? Sicherlich nicht, denn das Klangspektrum zweier Violinen ist doch erheblich größer, besonders dann, wenn zwei Künstler dieses Instrumentes auftreten – wie das Geschwisterpaar Marie-Luise und Christoph Dingler, das am Samstag im Kammerkonzert des Städtischen Musikvereins Lippstadt in der Jakobikirche aufwartete.

Es war schon eine breite Werkauswahl auf der Skala von Alexandr Gonobolin (geboren 1953) bis Benedikt Brydern (geboren 1966), mit dem das Duo The Twiolins das Programm des Konzertes gestaltete. Unter dem Thema „Secret Places“ reichte damit die von den Künstlern selbst angeregte Werkauswahl über einen Erscheinungszeitraum von mehr als zehn Jahren hinweg. Das ließ sich stimmungsmäßig nicht immer einheitlich gestalten. Wenn zum Beispiel aus Geräuschen eine reale Situation heraushörbar wurde, blieb das weitgehend den Fantasiemöglichkeiten der Hörers überlassen.

Ein besonderer Reiz ging in diesem Konzert von der ungewöhnlichen Besetzung aus, allerdings auch ein gewisse instrumentale Begrenztheit. Dabei waren beide Künstler hochgradig qualifiziert und von technischer Bravour. Die meisterhafte Doppelgriffbeherrschung ließ allein schon den Eindruck aufkommen, als hätte man es hier mit einem ganzen Orchestrion zu tun.

Da das Künstlerpaar jährlich eine Ausschreibung von Kompositionen für die eigene Besetzung vorgenommen hat, führt das nicht in allem zum kompositorisch gleichgewichtigen Qualitätsanspruch, ist aber auf jeden Fall verdienstvoll, weil es die Auswahl für ein vielgestaltiges Publikum erweitert. Dass Marie-Luise und Christoph Dingler in der zweiten Hälfte des Programms das Publikum in der Jakobikirche zu rhythmischen Aktionen bewegen konnte, war ebenso überraschend wie erfreulich.

Im Rahmen der insgesamt zeitgenössischen Programmfolge löste der Satz „Der Sommer“ aus dem Konzert „Die vier Jahreszeiten“ von Antonio Vivaldi besondere Begeisterung aus. Damit zeigte das Duo The Twiolins zusätzlich die gesamte klangliche Breite zweier Violinen, und das war hinreißend.