Der Pianist Jonathan Fournel und die Nordwestdeutsche Philharmonie begeistern mit Brahms und Bartók

Zwischen Solist Jonathan Fournel (vorne l.), Dirigent Jonathon Heyward (r.) und dem Orchester bestand sichtlich eine gute Verbindung. Fotos: Li

07.11.2023; Der Patriot

Von Bettina Boronowsky

 

Lippstadt – Zwei echte Schwergewichte der Konzertliteratur brachte die Nordwestdeutsche Philharmonie unter Leitung von Jonathon Heyward mit ins erste Sinfoniekonzert der laufenden Saison: Johannes Brahms 1. Klavierkonzert d-Moll, op. 15 und Béla Bartóks Konzert für Orchester SZ 116.

Kaum zu glauben, dass Brahms sein Werk zunächst als Klaviersonate konzipiert hatte. Wo hätte der damals 21-jährige bei einem ungleich kleineren Format all die Gefühle unterbringen sollen, die schon im ersten Satz Maestoso dieses beredten und voluminösen Werkes toben? Brahms überarbeitete das Stück mehrmals, uraufgeführt wurde es erst 1859.

Den Klavierpart übernahm in Lippstadt 30-jährige Jonathan Fournel, heute nur wenig älter als der Komponist damals bei der ersten Aufführung. Vielleicht gelang dem jungen Franzosen auch darum die Interpretation des Werks so überzeugend. Zudem ist Brahms sein erklärter Favorit, mit dessen Werk er schon zahlreiche Preise auf seiner steilen, internationalen Karriere einspielte.

Die enorme Kraft und die Verve, mit der sich Jonathan Fournel auf das mächtige Werk einließ, hätte man dem eher zierlich gebauten Franzosen kaum zugetraut. Nahezu unfassbar war auch die Zielsicherheit in den zahlreichen akkordischen Partien. Dabei horchte er immer sensibel auf die Vorgabe von Meister Brahms und auf das Orchester, auch im dritten Satz, dem Rondo Allegro non troppo, das zu virtuosen Alleingängen einlädt.

Überhaupt bestand offensichtlich eine gute Verbindung und Sympathie zwischen Orchester, Dirigent und Solist. Die Zuhörerschaft, die das Stadttheater leider nur zur Hälfte füllte, erklatschte sich eine Zugabe, bevor sie Jonathan Fournel gehen ließ.

Hatte schon Brahms seinerzeit die Grenzen der klassischen Formen deutlich erweitert, war es knapp 100 Jahre später ganz vorbei mit solchen Gestaltungsfragen: In Béla Bartóks Orchesterkonzert, das er nach der Emigration in die USA und einer längeren Durststrecke schrieb und das zehn Monate vor seinem Tod uraufgeführt wurde, verbinden sich gut hörbar, unterschiedliche Strömungen seiner Zeit zu einem überaus überzeugenden Werk: Klassisch-romantisches, Volkslieder seiner ungarischen Heimat, Jazz seiner neuen Heimat, Operettenklänge und sogar Zitate unbeliebter Kollegen.

Diese farbenreiche Mischung hat Bartók in fünf Sätze gepackt. Das Werk wurde zu seinem populärsten, was nicht zuletzt auf die ausgeprägte Rhythmik, die mittlerweile unabdingbar geworden ist, seine Eingängigkeit und seinen hohen Unterhaltungsfaktor zurückzuführen ist.

Dirigent Jonathon Heyward genoss es offenbar, mal als Solist aufzutreten. Denn wie der Name sagt, handelt es sich um ein „Orchester“-Konzert. Die Herforder waren mit der ganz großen Besetzung angereist, sogar zwei Harfen und ein großes Schlagwerk waren dabei. Extra-Beifall gab’s für die überzeugende Fraktion Holz- und Blechbläser, die sich in Bestform zeigten.

 

Jonathan Fournel