Ein besonderer Pianist seiner Generation

Der Pianist Severin von Eckardstein bei seinem Konzert in der Lippstädter Jakobikirche. Foto: Heier

Severin von Eckardstein sprang kurzfristig beim Musikverein ein – und begeisterte als meisterhafter Interpret

31.10.2023; Der Patriot

Von Marion Heier

 

Lippstadt – Weil der Pianist Cédric Pescia unfallbedingt ausfiel und nicht gemeinsam mit der Violinistin Nurit Stark auftreten konnte, nahm am Sonntag Severin von Eckardstein aus Düsseldorf in der Lippstädter Jakobikirche am Flügel Platz. Natürlich war der Musikvereinsvorsitzende Dr. Peter Knop froh, so schnell jemanden gefunden zu haben, und auch das Publikum freute sich im Nachhinein, einen besonderen Pianisten seiner Generation erlebt zu haben.

Von Eckardsteins Repertoire ist ein beachtliches. So ist es umso bemerkenswerter, welche Komplexität, Authentizität und Intensität er den Werken von Franz Schubert, Richard Strauss und Sergei Prokofjew verleiht. Insbesondere die sinfonische Dichtung „Tod und Verklärung op. 24“ in einer Bearbeitung von ihm selbst zeigte sich als eine meisterhafte Interpretation voller dynamischer Couleur. Die CD ging im Anschluss weg wie warme Semmeln.

Richard Strauss‘ Tondichtung für großes Orchester zählt zur Programmmusik. Darin beweist er sich als eindeutiger Vertreter der Spätromantik. 1890 uraufgeführt in Eisenach, beschloss er mit „Tod und Verklärung“ die erste Gruppe seiner Tondichtungen. Inhaltlich geht es um einen schwerkranken Menschen, dem, von unruhigem Puls und heftigen Schmerzen geplagt, freundliche Träume ein Lächeln aufs Gesicht zaubern.

Die Ambivalenz zwischen Leid und Leben bewegt sich innerhalb einer weitläufigen Harmonik, die von Eckardstein in einen dramaturgischen Prozess einzubetten weiß. Mal aufwühlend, mal kokett tänzelnd durchlebt er eine expressive Tondichtung, die Ausdruck romantischer Hochkultur und in ihrer Wirkung schmerzhaft schön ist. Sein Anschlag – verstärkt vom umschmeichelnden Gestus – ist forsch wie sanft zugleich. Anspannung und Entspannung akkumulieren sich zu einer Momentaufnahme, die so vergänglich ist wie das Leben. Was in c-Moll begann, endet in einem leisen C-Dur-Akkord. Es ist ein großartiges Spiel, das lang anhaltenden Applaus hervorruft.

Von einer explosiven Sprache ist Rachmaninoffs „Muse“ aus „14 Romances“, die sich in einer Bearbeitung von Earl Wild sowohl als ein fragiles, als auch graziles Werk zeigt, in dem von Eckardstein die Fragmente des Stücks elegant zusammenführt und spielerisch Stimmungswechsel auffängt.

Erzählerisch und beschreibend ist sein Spiel, voller Empathie für einen Rachmaninoff, der einem tonalen Kompositionsstil und der Romantik verhaftet blieb. Nahtlos geht es über zu Prokofjews Klaviersonate Nr. 8 B-Dur op. 84, einer „Kriegssonate“, die während des Zweiten Weltkrieges entstand. Severin von Eckardstein vermag Prokofjews Impetus sehr wohl umzusetzen. Er spürt dem turbulenten Werk und seiner gesetzten dramatischen Gefühlslage intensiv und empfindsam nach. Nahezu quälend und erschöpfend wird es, bis das Finale endlich Ruhe bringt.

Ganz im Gegensatz dazu Franz Schuberts Sonate f-Moll D 625, in deren vier Sätzen sich Liebreiz und Entzücken in geschmeidiger Dynamik offenbaren, an denen auch von Eckardstein– der Mimik nach beurteilend – Gefallen findet. Bravo dafür und für so viel Spontaneität.