Die melancholische Seite des Johannes BRAHMS

Friedhelm Arnoldt

Werkeinführung

Edward Elgar: ‘The Dream of Gerontius’
Konzertchor Lippstadt, Konzertchor Wirges und Gäste aus Coventry
Bochumer Symphoniker
Leitung : Burkhard A. Schmitt
Stadttheater Lippstadt, 24.11.2013

Sehr geehrte Damen und Herren!

Das Oratorium ‚The Dream of Gerontius’ wurde 1900 uraufgeführt: Das Werk – einer der ersten großen Höhepunkte des kompositorischen Schaffens Edward Elgar’s – symbolisiert seine Hinwendung zu religiösen Themen, drückt inhaltlich den Katholizismus des Komponisten aus. Vorlage ist die stark eingekürzte Fassung eines Poems von John Henry Newman, welches das Sterben eines alten Mannes (‚Gerontius’) und seine Konfrontation mit Gottes Gericht, Erlösung und dem Eintritt in das
Leben nach dem Tode beschreibt.

Um Ihnen nun einen halbwegs erschöpfenden Zugang zu dem Werk zu ermöglichen, habe ich meine Ausführungen in vier Teile gegliedert.

  • Einen Informationsteil über den Komponisten, seine musikalische Entwicklung und Werkbiografie sowie die Verortung des Oratoriums ‚The Dream of Gerontius’ in diesen Zusammenhang (1),
  • die Darstellung der literarischen Vorlage, des Gedichtes von John
    Henry Newman (2),
  • die Auseinandersetzung mit der Musik des Werkes, seiner
    formalen und inhaltlichen Struktur, seiner Stil- und Ausdrucksmittel
    sowie seiner Stellung in der Musikgeschichte (3)
  • sowie ein zusammenfassendes Fazit, was noch einmal seine
    Bedeutung hervorhebt (4).

Es ist klar, dass der hier vorgegebene Rahmen für einige der in dieser Gliederung enthaltenen Themenpunkte nur skizzenhafte Andeutungen zulässt. Für Interessierte, die sich noch weiter informieren wollen, empfehle ich die – allerdings englische – homepage der Elgar-society im Internet.

1. Edward Elgar – Leben und musikalischer Werdegang
Edward Elgar wurde 1857 als Sohn eines Musikalienhändlers, Organisten und Klavierstimmers in Broadheath (Worcester) geboren. Er wuchs in der elterlichen Musikalienhandlung auf, war deshalb frühzeitig mit einer Vielzahl von Instrumenten vertraut. 16-jährig beschloss er, professioneller Musiker zu werden. Bereits mit 20 war er Leiter der ‚Worcester Amateur Instrumental Society’. Das Fagott wurde sein erstes Leitinstrument und er gründete ein bis 1882 bestehendes atypisches
Bläserquintett, das sich aus zwei Flöten, Oboe; Klarinette und Fagott zusammensetzte, dessen oft sonntags präsentierte Stücke er selber schrieb. Seit 1877 lernte er in London bei Politzer Violine, wurde im selben Jahr in Worcester Konzertmeister und folgte seinem Vater als Organist an die Kirche St. George. 1889 zog er nach Malvern (Worcestershire) und ließ sich dort als freischaffender Komponist nieder. Gleichzeitig war er fest angestellter Bandmaster des ‚Attendents Orchestra’ am ‚Country Lunatic Asylum’, für das er auch kontinuierlich Gebrauchsmusik schrieb, z.B. Polkas und Quadrillen.

Seine kompositorische Entwicklung führte fortan über Kantaten (‚The Black Knight’, 1893; ‚King Olaf’, 1896) zu großen Orchesterwerken: ‚The Light of Life’(1896) war sein erstes Oratorium und mit den ‚Enigma-Variationen’, in denen er lautmalerisch das Schaffen und die Charaktere seiner Freunde beschrieb, schaffte er den Durchbruch als Komponist. Das Werk wurde in der St. James-Hall in London uraufgeführt, der Dirigent war sein Freund Hans Richter. Dieser hat für Elgar und seine Vernetzung und Beziehung mit der kontinentalen Stilentwicklung im spätromantischen musikalischen main-stream eine wichtige Bedeutung: Richter galt sozusagen als der handwerkliche Umsetzer des Wagner’schen Genius. Er arbeitete mit an den Partituren der Meistersinger und des Siegfried, er dirigierte die Uraufführungen von Lohengrin und in Bayreuth die des ‚Ringes der Nibelungen’ und begleitete Wagner auf dessen Reise nach England. Dort wurde er auf Elgar aufmerksam.

Dessen kompositorisches Gesamtwerk weist zwar keine Oper und nur drei Symphonien auf, von denen die dritte auch nur fragmentarisch erhalten war. Elgar hat aber eine Fülle von Kammermusiken und Orchesterwerken geschaffen. Mit am bekanntesten ist das Konzert für Violine und Orchester von 1910, das er für Fritz Kreisler komponierte und mit dem er sich in die Tradition groß angelegter romantischer Konzerte wie die von Beethoven und Brahms stellte. Es wurde ein großer Publikumserfolg und wird bis heute von führenden Violinisten eingespielt. Mit einer Länge von rund 50 Minuten gehört es zu den
längsten Instrumentalkonzerten der Musikgeschichte. Als das weithin populärste Werk Elgar’s gilt ‚Land of Hope and Glory’ auf
Basis des ‚Pomp and Circumstance March No. 1’. Neben ‚Rule, Britannia!’ und ‚God Save the Queen/King’ ist es die bekannteste
britische Hymne. Man kann es alljährlich bei der ‚Last night of the Proms’ hören und bei den Commonwealth Games wird es sogar als englische Nationalhymne gespielt.

Der Stellenwert des ‚Dream of Gerontius’ in Elgar’s oevre

Auch das Oratorium ‚The Dream of Gerontius’ wurde von Richter uraufgeführt, und zwar beim ‚Birmingham Triennial Musical Festival’ in der Birmingham Town Hall. Übrigens: Mendelssohn’s ‚Elias’ war hier ebenfalls uraufgeführt worden und war jahrelang das Eingangsstück des Festivals, bis er vom ‚Gerontius’ abgelöst wurde!

Trotz einer missratenen Präsentation – die zu knappe Probenzeit, mangelhafte Ausstattung mit Notenmaterial und die Unterschätzung der musikalischen Komplexität des ‚Gerontius’ durch Richter waren für den Reinfall verantwortlich – erkannte die Kritik die Größe der Tondichtung. Julius Buths, Direktor des Niederrheinischen Musikfests, verfertigte eine deutsche Übersetzung und brachte das Oratorium in dieser Form erfolgreich am 19. Dezember 1901 in Düsseldorf in Anwesenheit des
Komponisten zur Aufführung. Danach konnte es sich rasch durchsetzen und etablierte sich insbesondere in Großbritannien dauerhaft im klassischen Repertoire – trotz der anfangs seitens der Church of England gegen Elemente des stark katholisch geprägten Textes vorgebrachten kritischen Stimmen. Heute gilt ‚The Dream of Gerontious’ als eines der Hauptwerke Edward Elgars. Und in einem Land mit großer Chor- und Oratorientradition wie Großbritannien – die im Wesentlichen von Händel und seinem Messias begründet worden war und in der neben diesem Mendelssohn’s ‚Elias’ als klassisches Vorbild diente – musste sich das Elgar’sche opus an den damit gesetzten Maßstäben orientieren. Dies war ihm zweifellos gelungen und damit kann das
Gerontius – Oratorium als das musikgeschichtlich bedeutendste Werk Elgar’s gelten.

2. Das Poem
Das Libretto des Oratoriums wird durch eine gekürzte Fassung eines Gedichtes des Kardinals John Henry Newman dargestellt, das ihm den Namen gab. Bereits Antonin Dvorak wollte 1888 Newman’s Gedicht für das Birmingham Festival vertonen. Die Festivalleitung lehnte das jedoch mit der Begründung ab, der Text sei zu katholisch. Bevor ich jedoch näher auf den Inhalt des Poems und Elgar’s Beziehung zu dem Werk eingehe, gestatten Sie mir einige Anmerkungen zum Verfasser, seiner bemerkenswerten Vita und der Bedeutung, die diese Dichtung für den Theologen und Philosophen Newman hat.

John Henry Newman : die Konversion von der anglikanischen Kirche zum Katholizismus (Anglican Catholics)

Newman stammte aus dem Bildungsbürgertum und wandte sich als Fünfzehnjähriger einem evangelikalen, d.h., frommen Anglikalismus zu. Dies galt als seine ‚erste Bekehrung’. 1817 trat er in Oxford in das Trinity College ein und wurde anglikanischer Theologe, der neben der Priesterweihe bald als ‚Public Examiner’ Lehrfunktionen wahrnahm, also zum Abnehmen universitärer Prüfungen berechtigt war.

1832 fuhr er nach Rom und Süditalien. Auf Sizilien erkrankte er lebensgefährlich und erkannte: „Ich werde nicht sterben, denn ich habe nicht gegen das Licht gesündigt. (…) Ich habe ein Werk in England zu vollbringen.“ (zit. nach WIKIPEDIA) Diese Situation bewirkte seine ‚zweite Bekehrung’: Seitdem wandte er sich von der – im Kern liberalen – Subjektzentriertheit der evangelikalen Frömmigkeitstheologie ab und einer objektiven, rituell-sakramentalen Sicht von Kirche und Christentum zu. Dabei spielte der Rückgriff auf die auch in der anglikanischen Kirche normativen Theologen der Alten Kirche eine entscheidende Rolle. Newman wurde einer der führenden Köpfe der anglo-katholischen Bewegung, die eine Erneuerung der Kirche von England aus Lehre und
Liturgie der Alten Kirche anstrebte.

Über ein Jahrzehnt führte Newman die dogmatische Auseinandersetzung innerhalb der anglikanischen Kirche, mit dem Ergebnis, dass für ihn unwiderlegbar die römische Kirche die wahre und legitime Fortsetzung der Urkirche war (vgl. WIKIPEDIA). Damit einher ging bereits vor der Konversion seine Ablehnung des theologischen Liberalismus, der s.A.n. Dogmatik ablehnt und Glauben auf Moralität und Emotionalität reduziert.

1845 kam es zum Bruch mit der anglikanischen Kirche und der Konversion zum Katholizismus (‚Dritte Bekehrung’). Im hohen Alter ernannte ihn Papst Leo XIII. zum Kardinaldiakon und ein halbes Jahr vor seinem Tod 1890 wurde er noch ältestes Mitglied im Kardinalskollegium.

Inhalt des Gedichtes
„Die umfangreichste und zugleich letzte Dichtung John Henry Newmans (1801–1890) aus dem Jahr 1865 ist die Frucht von Newmans eigener Vorbereitung auf den Tod und zugleich tiefer Ausdruck katholischer Eschatologie. In sieben Teilen wird der letzte Weg des ‚Gerontius’ vom Sterbebett hin vor den Richterstuhl Christi und an den Ort der Reinigung im Feuer der göttlichen Liebe dargestellt. Im Dialog zwischen der Seele und dem Schutzengel reflektiert Newman die großen Fragen im Bezug
auf die ‚Letzten Dinge’.“ So lautet die Zusammenfassung des Inhaltes des Gedichtes im Klappentext zur Übersetzung, die im Verlag von P. Pattloch 1946 erschienen ist.

‚Gerontius’ ist keine historische Figur, keine Heldengestalt, kein Heiliger, sondern ein Jedermann. Im ersten Teil noch am Leben, wird seine irdische Furcht vor dem, was mit und nach seinem Tod kommen wird, in seinen Bitten an die ihn Umgebenden (‚The assistants’) ausgedrückt, für ihn und seine Seele zu beten. Diese tragen diese Bitte weiter, wenden sich an alle möglichen Unterstützer (Heilige, Apostel etc.) und zitieren in ihrem Appell an Gott, dass dieser, wie es die Bibel an vielen Stellen
bezeugt, etliche Menschen errettet hat, so z.B. Elias, Moses, Lot etc.. Nachdem die letzte Stunde (‚novissima hora’) dem Leben des ‚Gerontius’ ein Ende gemacht hat, weist eine Priester der Seele des Verstorbenen den Weg aus der Welt.

In den Teilen II bis VI ist die Wanderung der Seele des ‚Gerontius’ vom Verlassen der irdischen Hülle bis zum jüngsten Gericht beschrieben. Sie wird dabei von einem Engel begleitet.

Die Handlung besteht in den Teilen II und III in der gegenseitigen Wahrnehmung von Seele und Engel, ihrer Aufnahme eines Dialoges und der Übereinkunft des Zieles der Wanderung – nämlich des Ankommens beim ‚Jüngsten Gericht’ und des Anblickes des Angesichtes Gottes. Weiterhin erkennt ‚Gerontius’, dass er seine Körperlichkeit verloren hat, nur noch als immaterielle Seele existiert und angesichts des ‚Jüngsten Gerichtes’ keine Furcht mehr hat.

Teil IV beschreibt den Gerichtshof – die „mittlere Region“ – , wo die Dämonen in schrecklichem Chor die „Seelen für die Hölle sammeln“. Auch hier wieder wird auf den Verlust der Körperlichkeit hingewiesen, ‚Gerontius’ ist bis zum Moment des Erblickens der Herrlichkeit Gottes blind, er (bzw. seine Seele) verfügt nur noch über Wahrnehmungsreste, wobei das Hören vorrangig ist.

Im fünften Teil steigert sich die Dramatik, Ort und Zeitpunkt des Zieles kommen immer näher: Tor, Treppe, Schwelle und schließlich das Innere des Gerichtes kennzeichnen die Stationen der Wanderung, Engel und Seele werden von Engelschören begleitet, die Gott loben : „Praise to the Holiest in the Height!“

In Teil VI erreicht die Seele des ‚Gerontius’ ihr Ziel, der Todesengel neben dem Thron Gottes hält für sie Fürsprache, der Anblick Gottes wird für einen Moment gewährt. Zum Schluss (Teil VII ) hilft der Schutzengel der Seele, in der Ewigkeit zu versinken, während die Seelen des Fegefeuers Gott um Erlösung bitten.

3. Das Oratorium
Elgar kannte das Poem, lange bevor er sich zu seiner Vertonung entschloss. Ursprünglich wollte er für das Festival in Birmingham ein Oratorium mit dem Titel „The apostels“ komponieren. Mit der Überlegung, den ‚Gerontius’ zu vertonen, war er aber schon eine Zeitlang befasst. In enger Diskussion mit Geistlichen und Verantwortlichen des Festivalkomitees entschied er sich – recht kurzfristig – die ursprüngliche Planung fallen zu lassen und sich an die Arbeit mit dem ‚Gerontius’ zu machen.

Newman’s Poem musste dafür erheblich gekürzt werden. Den ersten Teil übernahm Elgar weitgehend in komprimierter Form, z.B. durch Reduzierung des Monologs des ‚Gerontius’ sowie der Anrufung von Heiligen und Propheten auf eine geringere Anzahl. Aber im Wesentlichen übernahmer den ersten Abschnitt, in dem ‚Gerontius’ sein Ende nahen sieht, ihn Todesangst umklammert und er seine Freunde bittet, für ihn zu beten kaum gekürzt als ersten Teil. Nach einem kurzen Augenblick der Todes-
angst entschläft ‚Gerontius’ friedlich, und ein Priester (Bass) beginnt das Gebet „Proficiscere, anima Christiana!“ (Ende des ersten Teiles).

In den zweiten Teil brachte Elgar die Teile II bis VII des Newman’schen Poem’s ein: Er strich einen erheblichen Teil der Engelschöre und die Engel auf der Himmelsleiter und fasste den Dialog von Engel und Seele erheblich zusammen. Dadurch wurde der Ablauf konzentrierter, die Handlung wurde pointierter und sichtbarer im Gegensatz zur etwas schwülstigen Langatmigkeit der literarischen Vorlage. Dadurch ergab sich zwar eine Verschiebung der inhaltlichen Gewichtung, nicht jedoch
eine Veränderung des Handlungsverlaufs.

Aufbau und Struktur des Oratoriums
Elgar’s ‚Gerontius’ unterscheidet sich von den klassischen Oratorien wesentlich: Die formale Struktur der Heiligen Messe, die in den traditionellen Requiems den Ablauf bestimmt, ist bei ihm kaum sichtbar. Das liegt natürlich auch an der literarischen Vorlage. Diese beinhaltet ja keinen alttestamentarischen Bibelstoff, sondern hat „….auf übergeordneter Ebene Transzendenz und Mystik zum Thema…“ (Birgit GLANER, in: www.paul-gerhardt-chor.d/einführung/…)

Das Opus ist – bis auf die Teilung in ersten und zweiten Teil – in Wagner’scher Manier strikt durchkomponiert und trägt dadurch opernhafte Züge. Das Handlungsmuster der klassischen Oratorien, das u.a. oft durch die Figur eines Evangelisten gekennzeichnet ist, der die epische Information der Handlung garantiert, ist hier zugunsten der Handlungsoptionen für Chor und Semichor aufgelöst, partiell übernehmen die Chöre und der Engel den Erzählpart, sind aber gleichzeitig als klare Protagonisten und Begleiter des ‚Gerontius’ in das Handlungsgeschehen eingebunden.

Elgar’s Orchesterpartien zeichnen sich durch eine für die damalige Zeit ungewöhnliche Expressivität aus: Das wird bereits im ‚Prelude’ deutlich. Im Wechsel von meditativer Verhaltenheit der beginnenden Streicher und Holzbläser zu crescendierendem Aufrauschen, sich andeutender dramatischer Schwere und im Gegensatz dazu der sich pointiert darstellenden Leichtigkeit des Lieblingsinstrumentes romantischer Philharmonik, der Harfe, zeigt sich Elgar’s kompositorisches Repertoire und sein Impetus, komplexen psychologischen Situationen mit differenzierter Darstellungsvielfalt gerecht zu werden. (HÖRBEISPIEL I: ELGAR, Edward: The Dream of Gerontius, Novello & Company Limited, London 2002, German translation by Dorothee Göbel,
Takte I, 1 – 44 )

Trotz der oben gemachten Feststellung, dass Elgar den Handlungsrahmen der traditionellen Messe verlässt, verzichtet er nicht
ganz darauf und greift im ersten Teil partiell darauf zurück: der Semichor übernimmt z.B. mit dem Kyrie die Rolle der liturgisch bestimmten Steuerung des Handlungsablaufes. Danach fällt der Hauptchor mit dem ersten Bittgesang (‚Pray for him’) ein, der im ‚Eleison’ endet. (HÖRBEISPIEL II: ELGAR, Edward, a.a.O., Takte I, 236 – 270 )

Nach dem zweiten Bittgesang (‚Rescue him’) folgt der Semichor mit einem weiteren liturgischen Part, einer Litanei der Aufzählung von Gottes biblisch verbürgter Rettung einzelner Menschen, worauf der Gesamtchor mit einem gregorianisch anmutenden ‚Amen’ antwortet. Das Ende des ersten Teiles besteht aus dem getragen eingefärbten fugenartigen Hymnus von Semichor und Hauptchor, in dem auf das Heil der Erlösung, den Berg Zion, hingewiesen wird. Der Priester, der dem
verschiedenen ‚Gerontius’ den Weg weist, ist mit „Through the same, through Christ, our Lord“ dialogisch darin eingebunden.
(HÖRBEISPIEL III: ELGAR, Edward, a.a.O., Takte I, 676 – 705 )

War das Oratorium in seinen bisherigen Bittgesängen und Hymnen und auch im Duett von Engel und Seele des ‚Gerontius’ eher von einer verhaltenen, weichen Harmonik bestimmt, ändert sich mit dem Erscheinen des Dämonenchores das Klangbild: es wird schrill und diskant, mithilfe einer chromatischen Dramatik, die ans Atonale grenzt, lässt Elgar seine Fähigkeit erkennen, die Rolle der Dämonen, die die Seelen der Sünder für die Hölle einsammeln sollen, deutlich zu machen. (HÖRBEISPIEL IV: ELGAR, Edward, a.a.O., Takte II, 224 – 248 )

Crescendierende Höhepunkte im zweiten Teil sind die Engelschöre, die mit dem immer wiederkehrenden Motiv ‚Praise to the holiest in the height!’ das ganze Oratorium wie einen großen Lobgesang erscheinen lassen. Auch hier trägt die dialogische Form – das Duett von Engel und Seele und die verschiedenen Chorstimmen – zur Dramatik des Werkes bei. Besonders gelungen ist das an der Stelle, wo die Altstimmen mit dem ‚Glory to him, who evermore…’ auf das klassische ‚Gloria’ der Heiligen Messe zurückgreifen, unterlegt vom ‚Praise to the holiest….’ durch die anderen Stimmen. (HÖRBEISPIEL V: ELGAR, Edward, a.a.O., Takte II, 522 – 532 )

Im Schluss, in dem die Seele des ‚Gerontius’ in der Ewigkeit versinkt und der Engel sich von ‚Gerontius’ als ‚Bruder’ verabschiedet, klingt ein ‚Amen’ aus, das in einer endlos erscheinenden Weite entschwindet. (HÖRBEISPIEL VI: ELGAR, Edward, a.a.O., Takte II, 1145 – 1153 )

4. Fazit
Wie schon erwähnt, hat das Oratorium ‚The Dream of Gerontius’ für die britische Musikgeschichte eine große Bedeutung. Die ebenfalls bereits erwähnte Rolle als Eingangsstück beim Festival in Birmingham belegt das. Und jeder britische Chor, der etwas auf sich hält, hat den ‚Gerontius’ im Repertoire, unsere Gäste aus England werden das bestätigen.

Obwohl bereits die zweite Aufführung 1901 in Düsseldorf stattfand, hat sich der ‚Gerontius’ in Deutschland nicht so durchgesetzt wie der ‚Messias’ und der ‚Elias’ in Britannien.

Das ein wenig zu ändern, möge unsere heutige Aufführung bewirken!

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

© Friedhelm Arnoldt M.A.
Hammerschmidtbogen 2
59556 Lippstadt
02945-6756