Großer Farbenreichtum

Der Städtische Musikverein begeisterte mit Dvoraks „Stabat mater“

Antonín Dvoráks „Stabat Mater“ ist ein großartiges Werk, allerdings häufiger fast hymnisch gefeiert als tatsächlich populär. Dazu tragen nicht unerhebliche Anforderungen an das Solistenquartett, an den Chor und an das Orchester bei. Aber letztlich ist es auch ein in sich unausgewogenes Werk, das Momente der Musikgeschichte bis hin zu folkloristischen Elementen verarbeitet, ohne alles immer überzeugend zu bündeln. Das hat sicherlich seinen Grund auch in seiner Entstehungsgeschichte. Aber es fasziniert auch darum, weil ein großer klanglicher Farbenreichtum durch sensible Instrumentierung gelingt, und es fasziniert, wenn eine so durchleuchtete, atmosphärisch überzeugende Aufführung gelingt, wie sie Burkhard A. Schmitt im Konzert des Lippstädter Musikvereins mit dem aus dem Konzertchor Lippstadt und Mitgliedern der Singakademie Plauen zusammengesetzten Chor ablieferte. Der Chor nämlich war künstlerischer Mittelpunkt der Darstellung. So flexibel und stimmlich ausgeglichen, so konzentriert dem Dirigenten durch eine breite dynamische Skala folgend, so klanglich krampflos (ein Sonderlob dem Chorsopran) habe ich den Chor lange nicht erlebt. Zu diesem Konzertniveau leistete das Orchester mit großer Aufmerksamkeit einen bemerkenswerten Beitrag. Bei aller Präzision doch mit größter klanglicher Beweglichkeit, prachtvollen Holzbläsern neben etwas aufdringlichem Blech, nuancierten Streichern (ein kleiner Patzer am Schluss sei nur erwähnt, um nicht eines tauben Pauschallobs geziehen zu werden) war das Orchester der Neuen Philharmonie Westfalen dem Werk unter einem ebenso präzisen wie musikantischen Leiter Burkhard A. Schmitt ganz nahe. Antonín Dvoráks „Stabat Mater“ ist stark auf ein Solistenquartett konzentriert, das sich in gutem Ensemblegeist finden muss. Und das hat Schmitt einen sehr guten Griff getan. Da war der Bass Peter Lobert, der ebenso über des Basses Grundgewalt wie verhalten emotionale Töne verfügt (endlich mal ein Bass aus der Fülle meist nur abgebrochener Baritöne!). Da war der Tenor Anton Saris, ein sehr musikalischer Solist, dem man in dieser Partie nur etwas lyrisches Unterfutter wünschte, und da war die Mezzosopranistin Kerstin Descher, mit klanglicher Erfülltheit und in allen Lagen stimmlicher Ausgeglichenheit. Und da war Camilla Nylund mit ihrem gefeierten, immer unaufdringlichen, ganz werkzugewandten, ensembleangepassten und nie divenhaften Sopran, dem man am Schluss auch noch mit dankbaren Applaus eine nicht gerade programmkonforme Zugabe abnahm. Burkhard A. Schmitt hat den überaus zahlreichen Zuhörern einen erinnerungswürdigen Oratorien-Abend geschenkt.