„Man muss immer fragen, das schadet nie“

SERIE Duan Li leitet die Geschäftsstelle des Städtischen Musikvereins Lippstadt

Von Dagmar Meschede

Hintergrund-Helden

Sie stehen nicht im Rampenlicht, aber ohne sie würde im Kulturbetrieb nichts laufen. In der Serie „Hintergrund-Helden“ widmet sich der Patriot Frauen und Männern, die in Bereichen wie Organisation und Technik wesentlich dazu beitragen, dass Veranstaltungen überhaupt stattfinden können, deren Anteil für das Publikum aber in der Regel nicht sichtbar ist.

Lippstadt – Wenn man ins Konzert geht, denkt man zuerst an schmachtende Geigen, samtige Klavierklänge und versonnen lächelnde Musiker. Vielleicht hat man noch das Lampenfieber der Solisten vor Augen. Doch bis die Musiker auf der Bühne stehen, zieht vor allem eine im Hintergrund die Register. Seit einem knappen Jahr sorgt Duan Li beim Städtischen Musikverein Lippstadt dafür, dass auch hinter den Kulissen alles reibungslos verläuft. Der Himmel hängt nun mal nicht immer voller Geigen.

„Man muss schon spezielle Fähigkeiten für diesen Job mitbringen“, sagt Lis Vorgängerin Margit Lüer. 25 Jahre war sie Leiterin der Geschäftsstelle des Musikvereins. Ihr wichtigster Rat lautet: „Es ist von Vorteil, kommunikativ zu sein. Man sollte sich nicht scheuen, freundlich nachzufragen.“ Lieber einmal mehr als zu wenig, „das schadet nie“. Denn sonst kann es böse enden – entweder weil das Orchester vor der falschen Tür steht oder weil die Techniker irrtümlich zur falschen Uhrzeit anrücken und die Bühnentechnik nicht mehr passend eingerichtet werden kann.

Planung beginnt lange vorher

An ein Ereignis kann sich Lüer noch besonders gut erinnern. „Wir hatten mal ein Konzert in der Jakobikirche, als auch in Lippstadt Altstadtlauf war. Ich hatte das nicht auf dem Schirm. Als die Läufer dann an der Jakobikirche vorbeizogen, hat uns das erst mal aus dem Konzept gebracht“, gibt sie schmunzelnd zu. Margit Lüer und Duan Li kennen viele Fallstricke, die drohen, wenn man zu wenig nachfragt. „Also, am besten einmal zu viel fragen“, weiß auch Li.

Ihre Arbeit fängt bereits dann an, wenn das Publikum nicht einmal ahnt, dass da etwas in Planung ist. „Eineinhalb Jahre vor einem Konzert stimmen wir die Terminierung ab“, sagt sie. Oft trudeln die Angebote beim Musikverein ein. Der musikalische Leiter Burkhard Schmitt wählt aus, fixiert das Datum und das Programm. „Es muss alles passen. Es muss auch das passende Wochenende sein, und man muss eine Balance erstellen, damit das mit anderen Programmen passt“, führt Li aus. Beispielsweise schaue man nach Jubiläen. Mit Glück könne man einem Komponisten ein ganzes Konzert widmen, manchmal sei es auch nur ein Stück, das man spiele, weil es ein Jubiläum gebe. „In diesem Jahr wäre Beethoven dran gewesen. Aber wegen Corona ist das zu kurz gekommen.“

Unter Corona ist alles auf links gekrempelt

Die Arbeit, die Duan Li erledigt, umfasst aber noch mehr. Das Programm, die Verträge, Probezeiten, Übernachtungsmöglichkeiten, Versicherungen, Gema-Gebühren – sich um all diese Dinge zu kümmern, sei ihre Aufgabe, erklärt sie. „Die Kunst ist, dass die Aufregung und den Druck, den man hier hat, nie in den Konzertsaal dringt.“ Beispielsweise haben in jüngster Zeit dreimal hintereinander Künstler abgesagt. „Da muss man dann innerhalb von zwei Tagen Ersatz finden.“

Unter Corona-Bedingungen ist sowieso alles auf links gekrempelt und nichts so wie in normalen Zeiten. Dabei sah anfangs, als Li die Musikvereinsgeschäftsstelle übernahm, noch alles recht normal aus – sieht man einmal von den Ersatzspielorten ab, an die die Konzerte wegen der Theatersanierung verlegt wurden. „Als ich hier anfing, hatte ich eine Liste, was ich vor und was ich nach dem Konzert machen muss“, verrät Duan Li.

Und was ist das alles? „Na ja, das sind beispielsweise Bühnenanweisungen, Proben oder spezielle Wünsche der Künstler.“ Das könne unter anderem ein besonderer Stuhl für den Kontrabassisten sein. „Einige Musiker brauchen auch jemanden, der ihnen die Noten umblättert, oder manchmal ist ein spezielles Licht erwünscht“, nennt Li ein paar Beispiele. „Die meisten Künstler sind pflegeleicht“, stellt sie klar. Und dann müsse man natürlich auch organisieren, dass passend zum Konzert der Flügel vor Ort sei und er auch gestimmt sei. Deswegen müsse zeitnah ein Termin mit dem Klavierstimmer vereinbart werden.

Goldene Faustregel: Alles vorab klären

Die Ensembles selbst proben zusammen mit den anderen Akteuren meist erst am Aufführungstag zusammen. Schließlich reisen sie aus verschiedenen Orten an. „Nachmittags um zwei oder drei Uhr geht’s meistens dann mit den letzten intensiven Proben los“, ist Lis Erfahrung.

Auch hier gilt die goldene Faustregel, alles vorab zu klären. In Corona-Zeiten hätten Ensembles beispielsweise die Auflage, zwölf Meter Abstand vom Publikum zu halten. „Außerdem versuchen wir, den Künstlern das Leben mit Schnittchen und den legendären Nusskuchen der Kantinenwirtin Marlies Ruhose zu versüßen. Das sind unsere ‚Heimathäppchen‘“, schmunzelt Li. Und zum Abschluss eines jeden Konzerts erhalten die Künstler kleine Geschenke.

Der Musikverein führt übrigens ein Gästebuch, in dem sich die Künstler eintragen. Und das seien mitunter sehr persönliche Einträge. So habe eine Violinistin ihre bei dem Konzert gerissene e-Seite mit ins Gästebuch geklebt, erinnert sich Margit Lüer.

Ein nicht zu unterschätzender Baustein, der die Arbeit der Musikvereinsgeschäftsstellenleitung ebenfalls ausmacht, ist die Chor-Organisation. Schließlich hat der Städtische Musikverein einen eigenen Konzertchor. Für diesen muss ein Probenplan erstellt, es müssen Fahrten von Orchestern organisiert und mitunter große Chorreisen vorbereitet werden. „Wenn dieses Jahr normal gelaufen wäre, hätte der Konzertchor eine Reise nach England unternehmen können. Das ist allerdings Corona zum Opfer gefallen“, teilt Duan Li mit.

Zudem gehöre die Öffentlichkeitsarbeit zu ihrer Arbeit. Das heißt, dass vor jedem Konzert Flyer und Plakate mit dem Programm erstellt und verteilt werden müssten, und natürlich sei der Kontakt zur Presse wichtig. Eng sei auch die Zusammenarbeit mit der KWL – gerade bezüglich des Kartenverkaufs und der Ankündigungen. „Wir versuchen immer zu vermeiden, dass es Überschneidungen mit anderen Veranstaltungen gibt. Das ist ein großes Bestreben.“ Allerdings funktioniere das nicht immer, muss Li eingestehen.

Freilich hört nach einer Aufführung für die Musikvereinsgeschäftsstellenleiterin die Arbeit noch nicht auf. Es geht fleißig weiter. So sendet sie die Kritiken und Fotos an die Künstler. Zudem müssten Buchungen abgeschlossen werden, und die „Gema ist ein großes Thema“. Ehe man sich versieht, seien dann bereits die nächsten Konzerte ein Thema. Langweilig wird es Duan Li nie. Da stimmt sie mit ihrer Vorgängerin Margit Lüer überein, dass ihre Arbeit etwas Besonderes ist. „Es ist eine tolle Arbeit, weil sie so vielfältig ist“, bringen es die beiden auf den Punkt.