„Meister, wie sollen wir das Stück verstehen?“

Kirschnereit in der Jakobikirche. Foto: Wissing

Matthias Kirschnereit präsentierte Ludwig van Beethoven von einer unbekannteren Seite

30.04.2024; Der Patriot

Von Helga Wissing

 

Lippstadt – „Beethoven war ein Improvisator“, betont Matthias Kirschnereit. In der ausverkauften Lippstädter Jakobikirche präsentierte der Pianist den großen Komponisten von einer unbekannteren Seite. Mit Werken, die vielleicht nicht so populär sind und daher noch Raum für Überraschungen bieten.

Der Abend mit dem schlichten Titel „Beethoven pur“ beginnt mit der Komposition „Lustig und Traurig“. Sie besteht aus zwei eher einfachen kleinen Stücke, die angenehm ins Ohr gehen. Die daran anschließende Klaviersonate Opus 31 Nr. 2, auch „Sturmsonate“ genannt, habe bei Beethovens Schülern zunächst „totales Unverständnis“ ausgelöst, erzählt Kirschnereit. Die Komposition habe ihren Titel dadurch bekommen, dass Beethoven die Frage „Meister, wie sollen wir das Stück verstehen?“ mit dem Rat beantwortete, Shakespeares „Sturm“ zu lesen.

Er selbst sei als „braver Student“ dieser Aufforderung natürlich auch gefolgt, allerdings habe er gar nicht so viele Verbindungpunkte entdecken können, gesteht Matthias Kirschnereit, der das gesamte Konzert mit spannenden Informationen und kleinen Anekdoten moderiert. Sein virtuoses Spiel und seine hinreißende Anschlagskunst werden vor allem auch bei diesem Stück deutlich. Die Finger gleiten in unglaublichem Tempo und herrlich geschmeidig über die Tasten. Nach der wie von einem Trommelwirbel-Motiv begleiteten Episode möchte man am liebsten spontan applaudieren.

Danach schlägt der Pianist mit dem wunderbar gefühlvollen Scherzo b-Moll Opus 31 eine elegante musikalische Brücke zu Frédéric Chopin. Dabei begeistert er das Publikum mit griffigen Akkorden und temporeichen Tonskalen. Nach der Pause geht es unter anderem mit Beethovens „6 Variationen über ein eigenes Thema“ weiter. Das Konzert endet mit Beethovens berühmter „Mondscheinsonate. Der erste Satz, der häufig als Kuschelmusik fehlinterpretiert wird, sei, so Kirschnereit, „die einsamste Musik“, die Beethoven jemals komponiert habe.

Erst nach drei Zugaben kommt der Pianist endgültig von der Bühne. Unter anderem bedankt er sich seinerseits beim begeisterten Publikum mit „Movement“ von Claude Debussy und dem „Abschiedswalzer“ von Johannes Brahms.