Herausragendes Sinfoniekonzert mit der Geigerin Tanja Becker-Bender
LIPPSTADT Zwei Komponisten im jüngsten Sinfoniekonzert des Städtischen Musikvereins, zwei Komponisten mit höchst unterschiedlichen Biographien, unterschiedlichen kompositorischen Ansätzen. Felix Mendelssohn Bartholdy, das Wunderkind, das schon in seiner Jugend als Komponist anerkannt war, und Anton Bruckner, der aus der Klassik sich fortentwickelnde, selbstzweifelnde Komponist, den Zeitgenossen wahrlich nicht aufbauen konnten mit ihren Kommentaren wie „Traumverwirrter Katzenjammerstil der Zukunft“ oder „Bruckner komponiert wie ein Betrunkener“. Die Nordwestdeutsche Philharmonie Herford, geleitet von Thomas Dorsch, spielte zwei markante Werke dieser beiden Komponisten. Felix Mendelssohn Bartholdy mit seinem Violinkonzert e-Moll op. 64 am Programmbeginn, ein Renner der Konzertprogramme, nicht wie oftmals angenommen förmlich aus dem Hut gezaubert, sondern durchaus kompositorisch den „Mühen der Ebene“ verhaftet. Aber was für ein schwereloses, fast luftiges Werk voller Poesie, klanglichem Witz und liedhafter Verbindung ist da entstanden. Tanja Becker-Bender (Violine) spielte auf einem nicht sonderlich klangvoluminösem Instrument, traf damit aber genau den Ausdrucksgehalt dieses Werkes. So spielte sie mit feinem Gespür für die emotionalen Werte, verströmte Liedhaftigkeit ebenso wie volle Anmut im Schlusssatz, immer eingebettet in den Gesamtklang. Thomas Dorsch erstellte ihr dazu mit den Herfordern einen angemessenen Klangraum, alles sehr einfühlsam. Wie sehr sich bei der Geigerin die Freude an technischen Anforderungen eines Paganini-Capriccios mit der tiefen Verinnerlichung eines Suiten-Satzes von Johann Sebastian Bach verbinden, das bewiesen ihre Zugaben. Klanglich völlig ausgeglichen Was war in Anton Bruckners 3. Sinfonie Nr. 3 so überwältigend für das Publikum, dass danach ein hier nicht so üblicher enthusiastischer Beifall ausbrach? Da ist die für die Ausdruckskraft der Komposition nötige, fast raumsprengende Orchesterbesetzung. Da sind die ständigen, die musikalischen Kräfte sammelnden, großangelegten Steigerungen, gewaltige Wellenberge, die ausschlaggebendes Merkmal der Sinfonien von Anton Bruckner sind. Da ist der überwältigend einleuchtende, werkstrukturierende Einsatz der Instrumentalfamilien. Und da ist der musikalische Bogen, der sich über die ganze Komposition zieht und die oft so hart gegeneinander gesetzten Partien des Werkes bindet. Dies alles fordert ein hochkonzentriertes, klanglich völlig ausgeglichenes Orchester. Die Nordwestdeutsche Philharmonie Herford entsprach überzeugend diesen Anforderungen. Und vor dem Orchester stand mit Thomas Dorsch ein Dirigent, der die 3. Sinfonie von Anton Bruckner zu packender Wirkung brachte. Sein Sinn für die unterschiedlichen Stimmungswerte, seine rhythmische Präzision für die dynamischen und agogischen Entwicklungen, seine deutliche Herausarbeitung der Binnenstrukturen auch bei größter klanglicher Turbulenz, das verdient hohe Anerkennung. Ein großer Abend.
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