Spannende Affekte

Der Konzertchor Lippstadt begeisterte am Sonntag mit einem spannenden Passionskonzert in der Elisabethkirche. Dirigent Burkhard A. Schmitt hatte drei Bach-Kantaten zur Passions- und Osterzeit ausgewählt. Neben dem stimmlich gut disponierten Chor des Städtischen Musikvereins präsentierten sich auch die Solisten und das Folkwang Kammerorchester Essen in Hochform.

Von Lothar Brode

Lippstadt – Da spürte man die Begeisterung des Chefs: Burkhard A. Schmitt, musikalischer Leiter des Städtischen Musikvereins, gelang es hervorragend, die „wunderbare Tonsprache Johann Sebastian Bachs“ in einer verständlichen Konzerteinführung rüberzubringen. „Musikalische Affekte“ nannte er den vom italienischen Komponisten und Wegbereiter Claudio Monteverdi revolutionär eingeführten neuen dramatischen Stil in der Barockmusik.

Abseits der gewohnten Passions-Oratorien hatte sich Schmitt aus Bachs umfangreichem Kantatenwerk drei repräsentative Beispiele ausgesucht, die sich mit der Passions- und Osterzeit beschäftigen. Gleich zu Beginn erklang mit der Kantate Nr. 56 „Ich will den Kreuzstab gerne tragen“ eine der wohl schönsten Kompositionen Bachs für Einzelstimme, ein Werk mit intimem Kammermusikcharakter, in dem beträchtliche Anforderungen an die Virtuosität des Sängers gestellt werden.

Hier glänzte der Vokalsolist Roman Tsotsalas, kurzfristig eingesprungen für den vorgesehenen erkrankten Bassisten Ulf Bästlein. Ausdrucksstark und mit kraftvoller Stimme bewältigte er den Arienpart und den rezitativischen Teil, souverän auch im Koloraturbereich sowie bei den Triolen zu den bewegten Achtelnoten der Instrumente. Besonders markant gelang im Arioso des Rezitativs die Wellenbewegung durch ein dem Violoncello anvertrautes wiegendes Motiv mit seinem abrupten Abbruch.

Auch das zweite Rezitativ mit seinen lang ausgehaltenen Streichernoten gelang sehr gefühlsbetont, ehe die Solokantate nun doch noch in ein Kirchenlied mündete – erst hier griff der bis dahin noch nicht geforderte Konzertchor mit einem ruhig-getragenen Choral ein. Von einer hohen Tonsymbolik voller Kraft beseelt gab sich die Kantate Nr. 22 „Jesus nahm zu sich die Zwölfe“ mit einem klanglich reizvollen Dialog zwischen der Solo-Oboe und den Violinen bei den sequenzartig in bewegenden Sechszehnteln aufsteigenden Linien zu Beginn.

Die kräftig intonierte Bass-Arie mündete in einen fugierten Chor, der eindrucksvoll das dargestellte Unverständnis der Jünger skizzierte. Die von der Solo-Oboe begleitete empfindsame Alt-Arie mit ihren glaubhaft intonierten Seufzermotiven bedeutete für die Solistin Margit Diefendahl eine dankbare Aufgabe inniger Gestaltung.

Im Passionsgeschehen tief verwurzelt

Zu den weiteren Höhepunkten der Interpretation gehörte das aufkeimende Freudenmotiv der Bass-Arie, das in der Tenor-Arie vom Vokalsolisten Michael Nowak mit seinen stimmlichen Qualitäten vertieft wurde, instrumental in tänzerisch fröhlichem Dreiertakt vom Streichensemble umrahmt.

Schließlich griff dann auch der Chor in einem kraftvollen Klangjuwel, im kunstvollen Orchesterpart eingebettet, diese musikalisch herrliche Stimmung auf. „Sehet! Wir gehen hinauf gen Jerusalem“ – so lautete der Titel der Kantate Nr. 159, die in dem Passionsgeschehen tief verwurzelt erschien.

Anders als in den Oratorien wurde die vom Bass gesungene Christus-Partie nur vom Generalbass begleitet, während die Altistin in der Rolle des Jüngers von den Streichern begleitet wurde. Im spannenden Dialog ergaben sich manch dramatischen Akzente, während sich eine warmherzige Melodik in der vom Cello begleiteten Alt-Arie ergab, analog zum Sopran des Chores beim Passions-Choral „Ich will hier bei dir stehen“.

Höhepunkt der Kantate war dann die tief ergreifende Bass-Arie „Es ist vollbracht“ zur friedvollen Begleitung der Oboe im Kontrast zum bewegten Mittelteil „Nun will ich eilen“. Den würdevollen Schlusspunkt setzte der stimmlich gut disponierte Konzertchor mit dem nachhaltig wirkenden Choral „Jesu deine Passion“.

Hervorragend präsentierte sich auch das verpflichtete Folkwang Kammerorchester aus Essen: Neben dem homogenen Streichersound ragten besonders die Soloparts der Oboe heraus – eine Meisterleistung! Für instrumentale Intermezzi an der Emporen-Orgel sorgte Daniel Tappe mit ausgewählten Transskriptionen.