Techno-Klänge in Klassiksphären

Die Formation Spark begeistert mit ihrem eigenwilligen Sound

Von Dagmar Meschede

Lippstadt   Zum Schluss heißt’s „On the Dancefloor“. Da zeigt die Formation Spark, dass sie selbstverständlich auch den Techno-Sound klassisch mit Flöten, Cello, Geige und Konzertflügel aufbereiten kann. Die fünf Musiker drehen voll auf. Das Spiel lädt sich emotional auf. Und es wummert ordentlich auf der Studiobühne des Stadttheaters. Da wähnt man sich schon in einem der angesagten Berliner Szenepartyschuppen aus den 1990er Jahren. Man spürt, dass die Musiker ihren Spaß haben. Sie treiben ihr Spiel auf die Spitze. Ein wahrlich großer Rausch ist dieser Ausflug in die Techno-Welt, so wie auch das Konzert ein einziger endloser Rausch ist. „Yesterday once more“ lautet das Motto des vom Musikverein und dem Jazzclub initiierten Gastspiels der „klassischen Band“ Spark, die aus den Musikern Daniel Koschitzki (Flöte), Andrea Ritter (Flöte), Stefan Balzsovics (Violine, Viola), Victor Plumettaz (Violoncello) und Arseni Sadykov (Klaiver) besteht. Dabei ist der Titel Programm. So schöpft die im Jahr 2011 mit dem „Echo Klassik“-Preis ausgezeichnete Formation aus einem reichen Repertoire, blickt aber auch weit über den Tellerrand der klassischen Musik hinaus. Uraufführung auf der Studiobühne Mitunter bedeutet das eine Uraufführung. In diesem Fall ist es das Stück „Oceans Message“, das der Pianist der Band, Arseni Sadykov, komponiert hat. Die Komposition hat den typischen Spark-Sound — ein bisschen Folk, ein bisschen Klassik, aber auch etwas Modernes zwischen New Age, Rock-Pop und Minimal Music. Im Tempo ist das Spiel der Musiker schnell und kraftvoll, gleichwohl lässt es Platz für romantisch zarte Momente. Alles klingt sehr sinnlich. Schließlich kommt Salykovs Komposition als ein sich ins Unendliche erstreckendes Wabern daher, das an die Bewegungen der Wellen erinnert. Mitten im Stück meint man gar Möwenschreie zu hören. Überhaupt steckt in den musikalischen Auslegungen von Spark viel Experimentierfreude. Eine Blockflöte ist nicht bloß eine Blockflöte: Immerhin stehen knapp 20 solcher Instrumente auf der Bühne, und sie werden alle im Laufe des Konzerts eingesetzt. Auch Cello und Violine sind nicht einfach die gewohnt klassischen Streichinstrumente, sondern Balzsovics und Plumettaz zweckentfremden sie als gitarren-, ukuelen- oder mandolinengleiches Zupfinstrumente. Als ganz unkonventionell entpuppen sich entsprechend auch die Interpretationen. Dabei ist keine Stimme nur Begleitung. Flöten, Violine, Cello und Klavier — gleichwertig stehen die einzelnen Instrumente nebeneinander und behaupten sich. Das verleiht dem Spiel des Quintetts seine Spannung. Was in einem großen Tohuwabohu enden könnte, fügt sich bei Spark zu einer geordneten Harmonie mit einem eingängig frischen und leidenschaftlichen Spiel. Selbst wenn man meint, dass da auf der Bühne nur noch reine Ekstase ist, greift ein Rädchen ins andere. Gepimpte Orgelpfeifen Und die Band überrascht ihr Publikum mit ungewohnten Instrumenten wie beispielsweise dem mannshohen Pätzold-Bässen — das sind gepimpte Orgelpfeifen —, die an eine überdimensionale frühneuzeitliche Flöten-Robotermaschine erinnern. Wer von diesem Instrument wuchtige Töne erwartet, irrt. Denn es sind dunkel gefärbte, tuckernde Töne, mit denen der Flötist Koschitzki Michael Nymans Komposition „Jack“ einen ganz eigenen groovenden Sound verleiht. Damit aber nicht genug. Wenig später setzen Ritter und Koschitzki beim selben Stück ihr Spiel mit zwei Flöten im Mund fort. Sie lassen es neben den Streichern Balzsovics und Plumettaz sowie dem Pianisten Sadykov ordentlich rocken. Aber auch Klassiker wie Vivaldis „G-Moll-Konzert“ bleiben bei Spark faszinierend – jenseits abgedroschener Interpretationspfade. Und so jagen die Musiker gleichermaßen lustvoll wie spielerisch durch die Takte. Das bereitet außerordentliches Vergnügen – nicht nur für die Musiker, sondern auch für das Publikum.