Verblüffender Klangreichtum

Die Sinfonietta Cracovia bescherte den Zuhörern im Lippstädter Stadttheater einen großen Abend. Besonders begeisterte dabei der spanische Oboist Ramón Ortega Quero. Neben Werken von Johann Sebastian Bach und Felix Mendelssohn Bartholdy prägten polnische Komponisten das Programm.

16.02.2021; Der Patriot

Von Alfred Kornemann

Lippstadt – Es war ein Geschenk zum Valentinstag, das eine große Zahl von Zuhörern aus den Händen der wunderbaren Musiker der Sinfonietta Cracovia entgegennahm. Ein breites Feld von Vertretern verschiedenster musikalischer Epochen wurde vorgestellt, dazu als Einleitung eine Art von Polonaise von Grzegorz Gerwazy Gotczycki, die erst 1962 wiederentdeckt wurde, die aber nur in einer Violinstimme erhalten war.

Dieser für uns weithin unbekannte Komponist galt zu seiner Zeit als „polnischer Händel“, der nach seinem Theologiestudium in Wien und seiner Priesterweihe nach Krakau zurückkehrte und dort als Organist weitgehend geistliche Musik von großer Wirkung schrieb.

Zu den bekanntesten polnischen Komponisten, und das nicht nur nach der in Münster uraufgeführten bedeutenden „Lukas–Passion“, gehört Krzysztof Penderecki. Aus seinen sehr häufig in Verbindung mit der Sinfonietta Cracovia entstandenen Werken spielten diese unter der Leitung von Jurek Dybal „Drei Stücke im alten Stil für Streicher“ von 1963. Liebenswürdige Stücke aus einer rückwärtsgewandten Phase seines Komponierens, noch nicht mit der Kühnheit seiner Werke der Postmoderne. Aber trotz seiner Berühmtheit nach der Uraufführung 1960 bei den Donaueschinger Musiktagen war sein Werk immer wieder von der Nähe zum Katholizismus geprägt, bis hin zu seiner „Polnischen Messe“ aus seiner Schaffensperiode von 1980 bis 1984.

Zu Zeiten auch Johann Sebastian Bachs war der Umgang mit instrumentaler Verschiedenartigkeit durchaus geläufig. So konnte der Hinweis auf etwaige Möglichkeit einer Besetzung verschiedenster Instrumente überzeugen. Und damit war die Bühne bereitet für den wunderbaren Oboisten Ramón Ortega Quero im Konzert für Oboe, Streicher und Basso continuo, BWV 1055, von Johann Sebastian Bach. Der Klangreichtum dieses Oboisten, seine Variabilität, seine Nuancierungskunst waren verblüffend.

Hinreißende Farbigkeit und Intensität

Damit gewannen auch die „Sieben Lieder ohne Worte“ von Felix Mendelssohn Bartholdy, gespielt mit hinreißender Farbigkeit und Intensität, ihre jeweils eigene Intimität. Der Beifall danach war enthusiastisch und forderte eine Zugabe.

Welche Qualität den Konzertabend mit der Sinfonietta Cracovia noch auszeichnete, war die Tatsache, dass die Konzertmeisterin als Mitglied des Ensembles wie selbstverständlich die Solopartie „Roxanas Lied“ aus der Oper „King Roger“ von Karol Szymanowski mit feinstem Nuancenreichtum spielte.

Voller Klanggefühl war das Schlussstück des Abends von dem volksmusiknahen, uns bisher unbekannten Komponisten Mieczyslaw Karlowicz. Und dem allem verlieh der Dirigent Jurek Dybal hohe Suggestion. So wurde es ein großer, erfüllender Abend in Coronazeiten.

++++ Wer ist Ramon Ortega Quero? ++++

Der 1988 im andalusischen Granada geborene Ramón Ortega Quero ist seit 2008 Solo-Oboist des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks, wo er mit Dirigenten wie Riccardo Muti, John Eliot Gardiner und Daniel Barenboim zusammengearbeitet hat. Große Aufmerksamkeit erregte er, als er 2007 beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD mit dem seit 1961 nicht mehr vergebenen 1. Preis im Fach Oboe ausgezeichnet wurde. Seine Debüt-CD „Shadows“ wurde 2011 mit dem „Echo Klassik“ ausgezeichnet. Ein Jahr später erhielt er den Preis erneut, diesmal mit seinen Kollegen Sebastian Manz, Marc Trenel, David Alonso und Herbert Schuch für die beste Kammermusikeinspielung des Jahres.

*Der Oboist Ramón Ortega Quero begeisterte im Konzert der Sinfonietta Cracovia mit Werken von Johann Sebastian Bach und Felix Mendelssohn Bartholdy. Foto: Li