Viel Applaus für Joseph Haydns „Die Jahreszeiten“ im Lippstädter Stadttheater
16.04.2024; Der Patriot
Von Bettina Boronowsky
Lippstadt – Das Schöne an den „Jahreszeiten“ von Joseph Haydn ist, dass keine Klimakrise ihnen etwas anhaben kann. Da ist die Welt noch in Ordnung. Im Lenz lebt und schwebt alles, im Sommer rollt der Donner und dann strahlt die Sonne, im Herbst blinkt die Traube am Rebstock und im Winter schneit’s eine „ungeheu’re Flockenlast.“
Kein bedrohlicher Temperaturanstieg, keine Überflutung, kein Tornado, keine Probleme. Das erfreut der Hörer Herzen, wie am Sonntagabend im Lippstädter Stadttheater an dem reichlichen Schlussapplaus zu erkennen war. Burkhard A. Schmitt, der musikalische Leiter des Musikvereins, und sein Konzertchor unterstützt vom Konzertchor Wirges und dem Detmolder Kammerorchester sowie Daniel Tappe am Cembalo und drei Gesangslisten verabschiedeten sich mit dem „weltlichen Oratorium“ in die Sommerpause.
Rückblickend gebührt den Lippstädter Sängern und ihrem Chef alle Achtung. Kaum hatten sie das nicht eben einfache Requiem von Giuseppe Verdi Ende November bewältigt, das stürzten sie sich schon in die Vorbereitungen für die „Jahreszeiten“. Bei so viel Leistungswillen waren kleine Unregelmäßigkeiten in der Interpretation zu vernachlässigen.
Die Idee eines Interviews, bevor es losgeht, hat der Musikverein dankenswerter beibehalten. So ein kurzes Gespräch kann auch ein schwieriges Werk zugänglicher machen. Von Baritonsolist Timothy Sharp war zu erfahren, dass die Solisten ein bis zwei Jahre vor dem Auftritt ihren Auftrag erhalten. Für die Vorbereitung selber brauchen sie aber nicht so lange. Haydn sei schon immer einer seiner Lieblingskomponisten gewesen und sein Favorit in den „Jahreszeiten“ sei der Winter, gestand Sharp.
Mit dem „Winter“ wird überdeutlich, dass dieses weltliche Oratorium mehr ist als hymnisches Lob auf die Natur. Das Werk beschreibt den menschlichen Lebenslauf, der endlich in Gott mündet. Ihm gebührt der Lobpreis, sein Wort erweckt die Menschen zu neuem Dasein.
Zugegeben: Die Lautmalerei in der Natur wird oft allzu sehr übertrieben. Springende Lämmer, zirpende Grillen, ein quakender Frosch und ein dudelnder Bock – alles klingt im Orchester nach und macht einen albern-naiven Eindruck. Komponist Haydn behauptet später, er sei dazu gezwungen worden. Textlich gibt das Werk auch nicht viel her. Mit dem durchgehend frohen Landmann, dem stets munt’ren Volk, ständigem Jubelschall und heller Sonn’ ist nichts auszurichten.
Dieses schwache Libretto von Gottlieb van Swieten soll einer der Gründe, warum Haydn die Vertonung in die Länge zog. Es wollte ihm keine rechte Freude machen, hinzu kam sein schlechter Gesundheitszustand. Er quälte sich mit dem Werk herum, anders als bei der zuvor entstandenen, weltweit bekannten „Schöpfung“, mit der seine „Jahreszeiten“ oft verglichen werden. Immerhin gelang ihm nach zwei Jahren auch dieses Oratorium, wurde und wird mit Erfolg aufgeführt – aber nicht so oft wie sein Vorgänger.
In Lippstadt gefiel besonders das junge Detmolder Kammerorchester und da wiederum die Bläser – durch schwungvolles, gleichwohl empfindsames Spiel. Neben Timothy Sharp, der mit einem schönen Bariton aufhorchen ließ, gestaltete Marietta Zumbült die lyrischen Sopranpartien. Hinzu kam der brasilianische Tenor Reginaldo Pinheiro, dessen angenehm beweglicher Stimme man lange hätte zuhören können.
Das Publikum hielt sich innerhalb der Aufführung mit Beifallskundgebungen zurück. Nach den Abschnitten blieb es still. Geklatscht wurde nur zu Pause und am Schluss – dann aber umso mehr. Nach zweieinhalb Stunden entließ das Stadttheater seine Besucher mit dem „Winter“ im Ohr und dem Frühling vor der Nase.
Marietta Zumbült gestaltete die lyrischen Sopranpartien.
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