Virtuosität mit Glanz und Gloria

Gábor Boldoczki mit der Sinfonietta Cracovia beim Konzert im Lippstädter Stadttheater. Foto: Li

 

Gábor Boldoczki und die Sinfonietta Cracovia entführten nach „Versailles“

26.03.2025; Der Patriot

Von Bettina Boronowsky

LippstadtTrompete – das ist Glanz und Gloria, Prunk und Pomp, Ruhm und Ehre. Kein königlicher Auftritt ohne Trompetenfanfare. Umso erstaunlicher sei es, dass es in der französischen Barockmusik kein einziges Original-Konzert für Trompete gebe, sagte der ungarische Trompeter Gábor Boldoczki, wo sich doch im zentralistischen Frankreich alles um den König drehte. Der Musikverein Lippstadt hatte den bravourösen Bläser und die polnische Sinfonietta Cracovia, mit der er oft zusammen musizierte, am Sonntagabend zum Konzert „Versailles“ ins Stadttheater eingeladen.

Glücklicherweise aber erlaubten, ja wünschte sich die Komponisten damals, dass die Flöte, die Oboe oder für welches Instrument auch immer sie geschrieben hatten, gegebenenfalls gegen ein anderes ausgetauscht wurde. Das hat sich die Sinfonietta Cracovia wohl nicht zweimal sagen lassen und einige Werke aus dem 17. Und 18 Jahrhundert vom ungarischen Cembalisten und Organisten Soma Dinyés für ihre Zwecke bearbeiten lassen.

Waren die Namen Jean-Philippe Rameau und Francois Couperin noch halbwegs bekannt, erfuhren viele im Publikum erstmals von Komponisten wie Jean-Marie Leclair, Jean-Joseph Cassaná de Mondonville, Michel Corrette und Michel Blavent. Ihre Werke sind gespickt mit Trillern, Schnörkeln und endlosen Kantilenen und in der Regel ziemlich virtuos. Schließlich wollten sich die hohen Herrschaften damals – und nur sie hatten Zugang zu dieser Musik – an immer neuen Kunststückchen ergötzen. Im Geiste sah man ihre hohen, weiß gepuderten Perücken vor sich und hörte die seidenen Reifröcke rascheln.

Das aktuelle Publikum bewunderte die Brillanz und Leichtigkeit von Gábor Boldoczkis Spiel und die Virtuosität seiner Zunge und Finger, zumal die Sinfonietta stets relativ schnelle Tempi spielte. Zweimal griff Boldoczki zum Flügelhorn, das weniger strahlend, dafür aber wärmer als die Trompete klang. Extra-Applaus gab’s für „die zweite Geige“, die sich in einem lebhaften Kontratanz von Rameau als überaus bühnentaugliche Tambourin-Spielerin entpuppte.

Nach der Pause zeigte Sinfonietta-Konzertmeister Maciej Lulek, der schon zwischendurch bei den Solo-Partien hatte aufhorchen lassen, sein ganzes Können. Effektvoll musikantisch, lebhaft und kraftvoll ging er ein Violinkonzert von Leclair an. Nach den vier Sätzen gab’s viel Beifall und Bravo-Rufe.

Der wurde nur übertroffen vom Schlussapplaus, der so lang und herzlich war, dass Boldoczki und die Sinfonietta nicht anders konnten: Sie spielten Vivaldi als Zugabe.