Vom Geigen-Zertrümmerer zur Weltelite

László Fenyö (r.) im Lippstädter Stadttheater. Foto: Wissing

Der ungarische Cellist László Fenyö begeisterte mit dem Hungarian Chamber Orchestra

18.03.2023; Der Patriot

Von Helga Wissing

 

Lippstadt – Am Anfang gibt es erst einmal ein kleines Interview. Ganz entspannt sitzt der ungarische Cellist László Fenyö am Bühnenrand im Lippstädter Stadttheater und plaudert über seiner Kindheit, bevor er gemeinsam mit dem Hungarian Chamber Orchestra auftritt. Eingeladen vom Städtischen Musikverein.

Dabei erfährt das Publikum an diesem Donnerstag, dass der 48-jährige Star-Cellist eigentlich Geige spielen sollte, wenn es nach seinen Eltern gegangen wäre. Die Mama, selbst Cellistin, sah darin eine pädagogische Maßnahme. Doch der Knirps, der schon als Kleinkind liebend gern Cello hörte, zertrümmerte im zarten Aller von fünf Jahren die Geige auf dem Küchentisch und legte damit den Grundstein für seine Karriere. 2004 gewann László Fenyö den Pablo-Casals-Cello-Wettbewerb und mischt seither in der Weltelite mit.

Doch am Beginn des Konzerts ist Fenyö zunächst gar nicht dabei. Nur ein leerer Stuhl weist darauf hin, dass da noch jemand kommen wird. Wunderbar aufeinander eingespielt, meistern die Streicherinnen und Streicher ihre Aufgabe, verlassen sich ganz auf die Kraft des Kollektivs. Denn auch der Dirigent tritt erst nach der Pause auf.

Das Orchester eröffnet den Abend mit dem eindrucksvollen Finale-Rondo aus dem Streichquintett in C-Dur von Michael Haydn, dem jüngeren Bruder von Joseph Haydn, dessen Konzert für Violoncello und Streichorchester danach gespielt wird.

Im völligen Kontrast dazu steht die Musik des zeitgenössischen finnischen Komponisten Aulis Sallinen. Mit seiner Komposition „Chamber Music III“ geht es nach der Pause weiter. Dabei steht das Solo-Cello im Mittelpunkt. Man erkennt unschwer Elemente des argentinischen Tangos. Es ist eine Freude, László Fenyö nicht nur zuzuhören, sondern auch zuzusehen. Mit seinen federnden Bogenstrichen und den weichen Bewegungen des Körpers vermeint man ihn beinahe mit seinem Instrument tanzen zu sehen.

Die Melodien in diesem Stück selbst sind wie ein merkwürdiges musikalisches Kaleidoskop. „Ein ironisch gebrochenes Zusammenfügen von Dingen, die eigentlich nicht zusammengehören“, heißt es im Programm. Das muss man mögen.

Weitaus eingängiger wird es wieder bei Leó Weiners Divertimento Nr. 1, op. 20. Alte ungarische Tänze werden dabei mit Temperament und Gefühl interpretiert. Das Publikum erklatscht sich am Ende eine Zugabe, da sind aber Dirigent und Cellist schon längst wieder verschwunden.