Mal Carnegie Hall, mal Jakobikirche, in jedem Fall Weltklasse: Das Atos Trio begeistert mit böhmischer Romantik
atos atostrio atos-trio musikverein jakobikirche foto: marion heier
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*Voller Hingabe und Leidenschaft zelebrierte das Atos-Trio am Samstag in der Lippstädter Jakobikirche ein Konzert auf Weltklasse-Niveau. Links Annette von Hehn (Violine), rechts Stefan Heinemeyer (Violoncello) und Thomas Hoppe (Klavier). Fotos: Heier
31.01.2022; Der Patriot
Von Marion Heier
Lippstadt – Es kann auch schon mal die Carnegie Hall sein. Am Samstagabend war es die Jakobikirche, in der das Atos Trio beim Konzert des Musikvereins Lippstadt sein Publikum restlos begeisterte.
So eine musikalische Intensität, gepaart mit einer so großartigen Emotionalität spürt man nur, wenn sich die Akteure – hier: Annette von Hehn (Violine), Stefan Heinemeyer (Violoncello) und Thomas Hoppe (Klavier) – vollkommen in ihrer Musik verlieren. Beim Atos-Trio spricht Leben aus jeder Note, spürt man seine kraftvolle Spontaneität gleich beim ersten Strich im Allegro zu Josef Suks Klaviertrio c-Moll op.2.
Thema des Abends ist die „Böhmische Romantik“. Wer da nur an Volkstänze und Smetanas „Moldau“ denkt, hat weit gefehlt. Die böhmische Kultur wie auch die Geschichte unterlag stets starken Wechselwirkungen und Einflüssen. Wie packend dieses Lebensgefühl die Komponisten der Romantik vertonten, wird am Samstag erlebbar. Das Konzert wird zu einem einzigartigen orchestralen Erlebnis, das dieses Trio mit einer ungeahnten Wucht zelebriert.
Dabei gelingt dem Trio die Einbindung der dritten Dimension auf unvergleichliche Weise. Auf die gleiche Stufe des Hörens und Sehens setzen sie die sinnliche Komponente des Fühlens. Das macht ihre Musik so zeitlos, macht sie zur Bereicherung.
Wie sehr das Publikum neben Suk auch die Klaviertrios von Bedrich Smetana in g-Moll und Antonin Dvorak in f-Moll aufsaugt spürt man daran, dass es nach den furiosen Finalen zu den Sätzen mit gewaltigem Abstrich mucksmäuschenstill ist. Wo sonst ein Bravo-rufendes Publikum aufspringen würde, herrscht absolute Stille. Fast schon schmerzhaft ist das, aber zu intensiv wirkt das Gehörte nach.
Dass ihr Spiel auch eine körperliche Herausforderung ist, sieht man den drei Musikern durchaus an. Doch es scheint eine Selbstverständlichkeit, genauso wie seine absolute Hingabe. Heinemeyer ist diese Emotionalität in einem gestisch artikulierten Temperament besonders anzusehen. Da schluchzt er, lächelt er, löst sich so manches Rosshaar vom Bogen. Gleichwohl das Notenwerk im Kopf, geben sie der eigenen Interpretation Raum, sich zu entwickeln. Da ist alles drin, das Drama des Lebens. Viel Moll, aber auch Dur, Liebe, Leidenschaft, Trauer, Anfang und Ende. Da wird klangvoll orchestriert, wird ein stürmisches Allegro von Smetana abgelöst von einem beseelten Moment der Zärtlichkeit und überschüssiger Freude.
Auffällig ist die saubere, präzise Spielfertigkeit der Streicher, die so exzellent miteinander kommunizieren, sich mit einem Lächeln zunicken und mit ihrem virtuosen Pianisten eine großartige Symbiose eingehen. Hoppe bietet dem starken Vibrato der Violine und dem energischen Cello mit den vielschichtigen Harmonien der Romantik und ihrer Mehrstimmigkeit in einem sehr beweglichen Spiel Paroli. So erwächst eine nuancierte, spannungsreiche Dynamik, in der Crescendi und Chromatik punktgenau gesetzt sind.
Bei Dvorak ist dann doch ein volkstümliches Element zu spüren, wird die liebliche Melodie, die sich in allen drei Stimmen fortsetzt, in eine tänzerische Rhythmik eingebunden.
Die Zugabe mit Fritz Kreislers „Wiener Marsch“ lässt alle wieder runterfahren und entlässt in der Absicht, die Freude am Leben nicht zu vergessen. Wow, das war Weltklasse und darf lange nachwirken. Bravo!
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