Wie klingt Deutschland?

Und ist es wichtig, woher Musik stammt? Das fragte das Kinderorchester NRW

LIPPSTADT  Es war eine gelungene Mischung aus klassischer Musik und Schauspiel, die das Kinderorchester NRW seinem Publikum am Samstag im Lippstädter Stadttheater bot. Unter der Leitung von Dirigent Achim Fiedler stellte es sein neuestes Stück „Jojo und die Musikmaschine“ vor. Das ließ sich auch der Komponist Philipp Matthias Kaufmann nicht entgehen, der sich ebenfalls in die Publikumsreihen gesellte. „Was ist Heimat, wie identifizieren wir uns damit?“ Diese Frage stellt sich die Schülerin Jojo, gespielt von Mareike Marx. Jojo hat die Aufgabe, für ihre zwei neuen ausländischen Mitschüler etwas typisch Deutsches mit zur Schule zu bringen. Klar, dass Jojo sich für ihre Leidenschaft für klassische Musik entscheidet. Mithilfe ihrer neu erstandenen Musikmaschine versucht sie, eine eigene Komposition zu mixen. Die Musik der Maschine kommt in Wirklichkeit aber nicht aus den Lautsprechern, sondern von den neun- bis 14-jährigen Kindern des Orchesters, die mit Hilfe ihres Dirigenten punktgenau die von Jojo ausgewählten Musikstücke spielen. Zunächst möchte das Mädchen ihren Lieblingsliedern lauschen: Es erklingen Kompositionen von Robert Schumann und Modest Mussorgski sowie ein Auszug aus der Oper „Carmen“ von Georges Bizet, die von den jungen Musikern beeindruckend professionell und gefühlvoll vorgetragen werden. Violinenklänge wechseln sich mit dem Spiel der Kontrabässe ab und werden von zahlreichen weiteren Instrumenten wie Saxophonen, Klarinetten und Schlagzeug untermalt. Neben der Interpretation der Musikklassiker ist das Orchester aber auch für die Hintergrundmusik und einzelne Geräusche wie etwa Handyklingeln verantwortlich. Jojo dreht an den verschiedenen Reglern ihrer Musikmaschine und versucht sich an einer eigenen Komposition. Das gelingt ihr nicht ganz so gut, weshalb bald schiefe Töne durch den Theatersaal schrillen. Dann ruft auch noch ihr Vater an und fordert, sie solle doch etwas „Deutscheres“ spielen. Kurzerhand schickt er ihr die Nationalhymne, und das Orchester trägt sie gekonnt vor. Jojo ist unzufrieden und sorgt durch ihre Regler abermals für einige kreischende Töne, die das Orchester mit schrillem „Geigen-Gejammer“ wiedergibt. Sie gerät ins Grübeln und fragt sich: „Warum ist es plötzlich so furchtbar wichtig, woher meine Komponisten kommen?“ Und wie soll sie allein mit ihrer Musik ein ganzes Land repräsentieren? Sie kommt zu dem Schluss, dass das gar nicht möglich ist — denn, wenn überhaupt, könnte sie doch bloß sich selbst wiedergeben. Und so überzeugt das Konzert nicht nur mit der musikalischen Darbietung des Kinderorchesters, sondern auch, weil es seinem Publikum die Botschaft des multikulturellen Miteinanders vermittelt. Während des gesamten Konzerts sitzen zahlreiche Kinder mit großen staunenden Augen in den Zuschauerreihen. Manch ein junger Gast scheint sich gar vorzustellen, selbst ein Teil des Orchesters zu sein und schwenkt seine Hände ganz nach dem Vorbild des Dirigenten.